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Foz do Iguaçu

Veröffentlicht: 15.03.2024

Nach fast 1.100 km und auf die Minute genau 17 Stunden Anreise im ziemlich bequemen Nachtbus kommen wir in Foz do Iguaçu an, der Grenzstadt auf brasilianischer Seite im Dreiländereck Brasilien, Argentinien und Paraguay.

Hier fließt der Iguazu River in den Rio Paraná und sorgt am Zusammenfluss für die Dreiteilung der Städte Foz do Iguaçu, Puerto Iguazu (Argentinien) und Ciudad del Este (Paraguay).

Jeder, der als Tourist in diese recht abgelegene Gegend kommt, ist wohl ausschließlich für das Naturschauspiel hier, welches sich ein paar Kilometer den Iguazu River flussaufwärts abspielt und sowohl von brasilianischer als auch von argentinischer Seite aus betrachtet werden kann.

Wasserfälle also. Wer mich kennt, weiß dass ich im Allgemeinen kein Freund von abstürzenden Wassermassen bin, was wohl daran liegt, dass man einfach überall auf der Welt an den noch so kleinsten Rinnsal geschliffen wird, der in irgendeiner Art und Weise einen Höhenunterschied überwindet und ich einfach schon viel zu viele Wasserfälle gesehen habe, die im Nachhinein eine pure Enttäuschung waren.

Da es sich bei den Wasserfällen von Iguaçu allerdings um die größten der Welt handelt und das Spektakel nebenbei noch zu den 7 Weltwundern der Natur zählt, wollte ich der Sache natürlich nochmal eine Chance geben.

Also zu viert bei unserer Gastgeberin Nara eingecheckt und direkt ein Uber zum Eingang des Nationalparks genommen. Dort dann 100R$ (20 Euro) Eintritt gezahlt und weiter mit dem parkeigenen Doppeldeckerbus zum Start des Wanderweges entlang der Fälle. Nach wenigen Metern sieht man zum ersten Mal die äußeren Ausläufer der Wasserfälle, wenn gleich dies noch recht unspektakulär erscheint.

Die ersten Ausläufer - Blick von der brasilianischen Seite

Das wahre Ausmaß dieses Naturwunders erahnt man nach etwa 20 Minuten Wanderung, immer mehr Wassermassen stürzen an verschiedenen Stellen die steilen Hänge herab und egal wohin man schaut, der komplette Horizont scheint voll davon und auch ich selbst habe das Gefühl, ein Teil davon zu sein. Das liegt vor allem daran, dass der Weg immer dichter an die Wassermassen heranführt und ich so langsam ein Gefühl dafür bekomme, in welchen Dimensionen man sich hier bewegt.

Insgesamt 20 große und 250 kleinere Wasserfälle stürzen sich auf einer Ausdehnung von 2,7 km bis zu 80 m in die Tiefe. Der Hauptwasserfall, der sogenannte “Garganta del Diablo” (Teufelsschlund) ist eine U-förmige 150 m breite und 700 m lange Schlucht und sollte das Ziel der heutigen Wanderung sein. Ein 600 m langer Steg führt bis zum unteren Ende des Giganten und man steht direkt an der Kante einer weiteren Klippe über die sich eine unfassbare Menge Wasser kontinuierlich an einem vorbeistürzt.

Garganta del Diablo

Trotz der drängelnden Touristenmassen (obwohl ich sagen muss, dass ich den Ansturm hier noch als im Rahmen des Erträglichen empfinde) musste ich an dieser Stelle für ein paar Minuten in mich gehen und diese surreale Szenerie auf mich wirken lassen. Eines der wohl größten Naturwunder auf diesem Planeten und man steht einfach mitten drin. Also kurz die Sinne geschärft und all den Lärm, die Nässe und natürlich das optische Spektakel für einen Moment konserviert und abgespeichert. Einfach fantastisch!

Nach all dem Erlebten und einer deftigen Stärkung geht es am Nachmittag wieder zurück zur Unterkunft. Am nächsten Tag sollte das Schauspiel dann von argentinischer Seite unter die Lupe genommen werden.

Tags darauf also ein ähnlicher Ablauf: Sonnencreme, Mückenspray und Kopfbedeckung eingepackt (bei 35° und keiner Wolke am Himmel lebensnotwendig), Fahrer engagiert und wieder an die Wasserfälle, diesmal vorab mit Grenzübertritt gen Argentinien, was eine andere Perspektive eröffnet sollte.

Die anderen 3 hatten sich vorab auf eine Bootstour an die Wasserfälle geeinigt, ich war mir allerdings unschlüssig, ob hier Preis und Leistung in einem für mich akzeptablen Verhältnis stehen, denn immerhin umgerechnet 60 Euro sollte man für den Spaß bezahlen. Am Nationalpark und dem Counter für die Bootstour angekommen war allerdings keine große Überzeugungsarbeit mehr notwendig und ich entschied mich, ebenfalls das Boot zu besteigen. Wahrscheinlich war es das äußerst überzeugte Auftreten der Dame am Counter, welche mir jeglichen Zweifel nahm und mir unmissverständlich klar machte, dass dies eine gut angelegte Investition sei.

Am Ablegesteg

Nach kurzem Marsch und einer 25 minütigen Fahrt zur Ablegestelle gab es eine Einweisung, Schwimmweste und wasserdichte Taschen. Vorab wurde ganz klar kommuniziert, dass alles nicht Wasserfeste unbedingt vor Erreichen der Wasserfälle in den Beutel gepackt werden soll, denn wir würden wohl ordentlich abgeduscht werden. Ziemlich gespannt also ab aufs Boot und in schneller Fahrt den Fluß hinaufgedüst. Nach ungefähr 10 Minuten sah man am Horizont die ersten Wassermassen in den Fluss stürzen und voller Vorfreude war ich mir hier bereits sicher, dass dies die richtige Entscheidung war.

Von der Wasserseite aus wirkten die Wasserfälle teilweise wie ein Gemälde und ich musste mich mehrfach daran erinnern, dass das eine von der Natur erschaffene und nicht im Photoshop kreierte Realität ist - einfach wunderschön.

Postkartenpanorama

Nach kurzem Staunen und dem erneuten Gefühl, dass man sich hier gar nicht richtig sattsehen kann, ging es dann ans Eingemachte und wir fuhren mit dem Boot mehrfach bis fast direkt an die Wasserfälle heran. Diese Wucht, mit der sich das Wasser über das Boot ergießt als Dusche zu bezeichnen ist wirklich geschmeichelt. Einfach alles um einen herum ist nass, das Wasser kommt gefühlt von überall und nebenbei verliert man auch noch völlig die Orientierung. Hut ab vor dem Captain unseres Bootes, der diese Manöver mit einer absoluten Ruhe und Gelassenheit durchführt - wahrscheinlich ist das die Routine von hunderten Fahrten an die Wasserfälle, die das so einfach und professionell erscheinen lassen.

Abgeduscht

Nach den Wasserspielen geht es wieder zurück zum Ausgangspunkt der Tour und von da aus nochmal 1,5 km auf Brücken oberhalb der Absturzkanten entlang. Auf der argentinischen Seite sind weitaus weniger Menschen und die Wege wirken verwilderter und mehr in die Natur eingelassen. Mehrfach hat man von hier aus einen atemberaubenden Panoramablick von oben herab über die großen Fälle und man schlendert herum und staunt noch immer über dieses großartige Naturschauspiel.

Gegen späten Nachmittag erreichten wir den Ausgang des Nationalparks und fuhren ziemlich erschöpft aber glücklich zurück zu unserer Unterkunft.

Nach 2 sehr schönen Tagen und all dem Erlebten ist das Naturwunder Iguaçu für mich ganz klar eine Empfehlung. Beide Seiten haben auf sehr unterschiedliche Weise überzeugt, wenn ich mich entscheiden müsste, würde ich wohl allerdings nochmal die argentinische Seite begehen.

Das Thema Wasserfälle dürfte für mich jetzt allerdings endgültig erledigt sein. Wohl allerdings im positiven Sinne, denn dieses Schauspiel der Natur nochmals zu toppen sollte zukünftig recht schwer werden. ;)

Noch ein paar Hintergründe zu den Iguaçu-Wasserfällen:

Das Highlight der argentinischen Seite ist eigentlich ein Steg direkt zur Abbruchkante des Teufelsschlund. Leider ist die Brücke dahin aktuell nicht begehbar, da diese im November 2023 durch ein extremes Hochwasser stark beschädigt wurde.

Der Name Iguazú hat seinen Ursprung in der Sprache Guaraní und bedeutet so viel wie “großes Wasser” (y für Wasser und guasu für groß).

Ein Mythos des Volkes der Guaraní erklärt die Wasserfälle als ein Werk des vor Eifersucht rasenden Gottes Mboi. Der bösartige und rachsüchtige Gott in Form einer Riesenschlange verlangte jedes Jahr eine Jungfrau. Einmal floh die dazu Auserwählte jedoch gemeinsam mit ihrem Geliebten in einem Kanu flussabwärts. Mboi bemerkte dies jedoch und schlug voller Zorn eine Schlucht in das Flussbett. Die Seele des Mädchens blieb in einem Felsen am Fuße des Wasserfalles gefangen und für immer von ihrem Geliebten getrennt. Dieser verwandelte sich daraufhin in einen Baum am Ufer des Teufelsschlundes, von wo aus er den Felsen im Auge behielt.

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