Cassiopeia
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Zweisam in Vietnam

Veröffentlicht: 07.02.2024

Und dann besuchte mich Lara.

Kurz nachdem die Beziehung mit Eva nach fast 4 Jahren endete, flüchtete ich zu meiner Cousine nach Mainz für eine Woche um Zuhause nicht ganz verrückt zu werden und jemanden zu haben, mit dem man reden, lachen, weinen und tanzen kann. Und genau diese Person ist meine Cousine Lena. Nicht lange dauerte es bis Sie mich dazu brachte, dass erste Mal in meinem Leben in die Datingwelt als Single zu steigen und mir die Dating App Bumble herunter lud. Und dort sah ich zum ersten Mal diese liebenswürdige Grinsebacke. Wir schrieben nicht lange hin und her, sondern verabredeten uns schnell um uns zu treffen und schon nach dem ersten 'Date' wusste ich was ich für eine besondere Personen vor mir hatte. Noch nie in meinem Leben hat mir jemand solch interessenten Fragen gestellt, während sie eine Empathie und Sympathie bei jeder Handlung ausgedrückte, die nur dazu führen kann, dass man sie zurückgeben möchte.

Doch lernten wir uns auch schon direkt mit den klaren Fakten der Realität kennen. Ich werde, komme was wolle, nach meinem Abschluss der Ausbildung ein Jahr durch Asien reisen und wohne bis dahin 2 Stunden Fahrzeit von ihr, während sie in dem anspruchsvollen Studium der Schauspielerei tätig ist, welches häufig eine feste Planung nicht so einfach macht. Wir trafen uns ein halbes Jahr mal mehr, mal weniger, doch hatten wir, egal wie lange wir uns nicht mehr sahen oder unter welchen Umständen, eine traumhafte Zeit, gepgrägt durch ein kleinen Hauch Abenteuer, Stunden langen Gesprächen, Kreuzworträtseln, kitschiger Romantik und viel Fahrerei. Selbst die Tatsache, dass wir uns einigten uns nicht fest zu binden und somit auch noch andere Menschen parallel sahen, führte nie zu irgendwelchen Problemen, was ich der, da muss ich uns jetzt einfach einmal selber auf die Schulter klopfen, phänomenalen Kommunikation und Offenheit zuschreiben möchte, die ich in diesem Umfang auch noch nie kannte.

Wir realisierten, bzw. fühlten beide, als das Datum meiner Abreise immernäher kam, dass wir es auch wurden und wir überlegten in welcher Art von Beziehung wir eigentlich stehen würden, wenn ich nicht Abreißen würde. Als Sie den Vorschlag machte mich in Asien für ein paar Wochen im Winter zu besuchen, war ich einerseits unglaublich Glücklich und mit Vorfreude aufgeladen und andererseits bedeutete es auch, dass unsere 'Kennenlernphase' hiermit nicht vorbei ist, sondern sich noch vier weitere Monate ziehen würde. Es bedeutet allerdings auch, eine Art Fernbeziehung, auch wenn man final nicht gebunden ist, noch am Leben zu halten, zu pflegen und zu wollen. Es stellte sich Zeitweise als sehr einfach und angenehm heraus und manchmal stimmten die Emotionalen Bedürfnisse mit dem realen Austausch nicht überein, gerade wenn man sich auf der anderen Seite der Welt nach Wochen einfach nur nach einen vertrauten und einem Menschen, der in einem ein Wohlbefinden auslöst, sehnt.

Das letzte Mal als wir uns sahen, war am 02. September, einen Tag vor meinem Abflug, als ich mit Cassiopeia vor ihrer Tür stand und ich wusste, dass ich diese Klingel jetzt ersteinmal sehr lange nicht drücken werde. Wir schlenderten zum Rhein, ließen uns mit Decke und Musik nieder, knobelten noch an weiteren Kreuzworträtseln, versuchten nur mit Gestik und Mimik zu kommunizieren, was einerseits gar nicht so schwer war und verdammt lustig, da man Fragen, wie "möchtest du mal Kinder haben?" tatsächlich auch auf diesem Weg halbwegs beantworten kann, bestellten uns Pizza, aßen sie mit einem Tee und dem Sonnenuntergang auf ihrem Balkon und fletzten uns bei ihr ins Bett. Nachdem wir noch schnell mein letztes deutsches Brot kauften brachte sie mich zur Straßenbahn und wir scherzten, vermutlich um eine stark emotionale Verabschiedung zu vermeiden, über die Filme, in denen der Mann in den Krieg zieht und die Frau weinent ihm an Bahngleis mit einem Taschentuch hinterher winkt.

Vier Monate später und 17.000km entfernt, sollte jetzt unsere Zweisamkeit weiter gehen mit dem primären Ziel eine richtig schöne Zeit zu haben und eventuell auch zu schauen wie die Zukunft aussehen könnte.

Es war super schön sie nach all der Zeit am Flughafen wieder in den Arm nehmen zu können und mit ihr wieder ungehemmt zu reden, auch wenn wir beide merkten, dass wir uns erst wieder ein paar Tage an die Präsenz und den Charakter des anderen gewöhnen mussten. Nicht das es unangenehm oder anstrengend war, keinen Falls. Vielmehr war es das zärtliche herantasten an die Charaktereigenschaften und dem Verhalten. Zumal wir die ersten zwei Tage noch mit Eva und Malte verbrachten, war einfach ein gewisser Rahmen der Privatsphäre nicht geschaffen, welcher die Anfangsphase ein wenig verlängerte. Ich freute mich aber trotzdem riesig, dass Malte und Eva Lara sofort mit offenen Armen aufnahmen und sie sich alle großartig verstanden.

Malte flog schon einen Tag vorher und somit verbrachte ich den letzten Tag in vermutlich der interessantesten Konstellation in der ich bis jetzt war. Ich war auf der anderen Seite der Welt mit meiner Ex- und jetzt besten Freundin und mit Lara, mit der ich schaute ob man vielleicht in die Richtung einer Beziehung steuert. Mir viel es auch zuvor schon nicht so einfach von Eva zu hören, mit wem sie sich trifft und im welchen Umfang und so war es jetzt auch ein wenig für sie. Auch wenn man den anderen nicht mehr auf einer romantischen Weise liebt, so kommt in einem trotzdem ein unwohliges Gefühl hoch, wenn man seinen 4 jährigen Partner mit einer anderen Personen sieht. Wir redeten am Abend lange darüber und noch über vieles mehr, wobei es zwar dieses unbehagliche Gefühl nicht verschwinden lassen konnte, aber ein besseres Verständnis über die Gefühle des anderen geschaffen hat.

Als ich Eva mit Tränen in den Augen verabschiedete, begann aber dann auch die zweisamr Zeit mit Lara. Wir fuhren erneut nach Ninh Binh und verblieben in einem traumhauften Homestay, welches mitten in der Pampa war, Wander-, Kletter- und Höhlenwege beherbergte, einen Blick auf ein See bot und man in einem Zelt schlief, welches mit einer riesigen runden Matratze und Flauschedecke ausgerüstet war. Es war wie im Paradis zu sein. Weil ich einfach nicht einschätzen konnte, was für eine Art von Urlaub wir zusammen haben werden und ich mich nicht auf so viel Spontanität und Abenteuerlust eingestellt hatte, war ich umso überraschter, als Lara vor mir die Felswände flott hochkletterte, mit mir zum Sonnenaufgang ohne mit der Wimper zu zucken durch Flusssysteme schwamm, in denen der Schlamm einen bis zu den Knien ging, sich durch die schmalsten und dunkelsten Höhlengänge mit der Stirnlampe hindurch quetschte und mich motivierte jeden interessant und rudimetär aussehenden Weg zu nehmen den wir sahen. Ich konnte mich genauso ausleben wie ich es auch alleine gemacht hätte, nur dass ich jetzt noch eine weitere wundervolle und beknackte Personen mit mir hatte, mit der ich alles teilen konnte. Die ersten Tage waren wie aus meiner Phantasie und im Nachhinein kann ich einfach glauben, dass sie so stattgefunden haben. Das heißt aber nicht, dass die darauffolgende Zeit schlechter war, es war lediglich weniger Komfort vorhanden.

Nach einer Obsession mit Erdnussbutter-Bananen-Bahn-Mi's fuhren wir auch wieder nach Phong Nha zu den Höhlensystemen, nur dass wir dieses Mal eine wirklich verrückte Sachen vor uns hatten. Mit Malte und Eva schlichen wir uns schon zuvor heimlich in die Elephant-Cave und erforschten sie mit gespitzten Ohren, ob wir vielleicht doch nicht alleine seien. Mit Malte kletterte ich dann noch einen tieferen Schacht herunter in dem wir im stockfinsteren ca. eine halbe Stunde herumeierten, die Schächte immer weiter vom Höhleneingang durchforsteten und lustige Nacktbilder mit den Stalaktiten und Stalkniten schossen. Als wir auf der anderen Seite der riesigen Höhle ankamen, bot sich uns ein unfassbar schöner Ausblick und vorallem fanden wir eine Ebene, auf der man rein theoretisch schlafen konnte.

Mit dem Wissen ging ich also erneut mit Lara dann dort hin und wir schlugen unser Nachtlager in der Höhle auf. Ohne Schlafsack oder Matratze, aber mit einer Plastikfolie unter uns, schlief ich stolze 11 Stunden, während die Fledermäus um uns herum schwirrten, das Wasser von den Decken rhythmisch auf die sich bilden Stalakniten herunter tropfte und die Geräusche anderer Tiere uns denken ließen, dass plötzlich doch andere Menschen kommen.

Unsere letzte Station war dann der Norden Vietnams, wo wir letztendlich knapp 1000 km im chinesischen Grenzgebiet, der Berglandschaft und den vereinzelten Dörfern mit einem Motorrad 5 Tage lang herumflitzten. Wir fuhren viel durch Regen und teilweise bis zu 260km am Tag über die engen und Kurvenreichen Straßen. Am Anfang war die Fahrt noch recht langsam, da ich mich an all die Umstände gewöhnen musste, doch mit jeder Zahl mehr auf dem Kilometerzähler wurde ich immer vertrauter und konnte die Situationen besser einschätzen, drum sausten wir auch schneller. Abends kamen wir dann meistens total neben der Spur an, gerädert vom ganzen fahren und wie benelbelt am lachen über die Situationen die wir an dem Tag erlebten. Wie z.B. der Moment an dem wir von der perfekt asphaltierten Straße schlagartig mit ca. 50km/h auf einen matschige, mit Hügeln und Senken ausgestatteten Wegg zu rasten, die ersten 50 Meter wie beim Rodeo auf dem Motorrad hoch und runter hüpften, fast weg rutschten und dann als wir nach weiteren 200m anhielten, plötzlich die komischste Hochzeit die ich mir vorstellen konnte neben uns stattfand. Mit Karaokegesang der die Situation einfach so absurd machte und so schrecklich klang, dass es schon wieder lustig war. Zur Krönung kam ein Vietnamese an uns vorbeigelaufen der ohne ersichtlichen Grund plötzlich den Hals einer Gans ergriff und sie mit voller Wucht in eine ausgetrocknete Abflussrinne am Straßenrand warf und ganz normal weiter ging. Auch wenn das per se in keiner Weise lustig war und wir diesen Mann verachteten, machte es die Situation dann doch noch absurder. Abends saßen wir dann im Restaurant, warteten auf unseren Tofu und lachten laut über die Geschichten bis wir keine Luft mehr hatten. Zum Glück kamen wir am fünften Tag Abends ohne auch nur einen Unfall wieder heile an, auch wenn uns eine Kuh vor das Motorrad sprang und eine Frau mit ihrem, mit Bambus überladenen, Roller einmal ziemlich rammte.

Während der Zeit mit Lara, merkte ich wie sehr ich die gemeinsame Zeit genoss und ihre Anwesenheit wertschätzte. Sie ist einfach ein sehr besonderer Mensch, der einerseits durch ihre Empathie, Sympathie, Interesse und Tiefgründigkeit heraussticht und auf der anderen Seite durch ihren Humor, die Abenteuerlust und die Offenheit allem gegenüber strahlt. Trotz all dieser wundervollen Eigenschaften, merkte ich dennoch, dass ich mich momentan einfach nicht binden kann oder möchte. Die Umstände, dass wir einfach für die nächsten vermutlich acht Monate 17.000km auseinander sein werden und die gesamte Zukunft so unsicher ist wie es vermutlich selten der Fall ist hatten einen großen Einfluss, wobei ich auch sagen muss, dass ich mich emotional nicht auf eine Beziehung einlassen wollte. Auch wenn es nicht einfach war, mich dazu zu überwinden es ihr zu erzählen, da ich natürlich Angst hatte sie zu verletzten und wir zu diesem Zeitpunkt noch knapp eine weitere Woche unterwegs sein werden, überzeugte mich letztendlich dann doch das Wissen, dass wir bis dato alles so gut kommunizierten und die Hoffnung dass es auch hiermit so sein wird.

Und mit meiner Vermutung lag ich auch letztendlich richtig. Natürlich ist so ein Gespräch immer mit stärkeren Emotionen verbunden, aber stieß es bei ihr trotzdem auf Verständnis und sie teilte mir mit, dass auch wenn sie am Anfang vielleicht unsicherer war als ich, ihr doch genau so gehe. Es änderte sich durch diese 'Entscheidung' allerdings nichts an unserer Beziehung. Ich mochte sie immernoch genauso sehr wie vorher und sie mich, nur dass wir jetzt gemeinsam sicherer waren auf welche Zukunft wir zu steuerten und wer weiß schon wie es sein wird, wenn ich wieder in Deutschland bin.

Nachdem ich dann diesen besonderen Menschen nach zwei Wochen mit Herzschmerz verabschiedete, stand ich also wieder alleine da. Das Wiedersehen auf das ich mich seit meiner Abreise freute war vorbei. Nach diesem unfassbar schönen Monat, wusste ich dieses Mal nicht wann und wenn ich das nächste Mal wiedersehe. Ist es vielleicht in 2 Monaten wenn ich für das Sommersemester angenommen werde, 4 Monate wenn mich vielleicht nocheinmal einer von ihnen im Sommer besucht oder 8 Monate, wenn ich zum Wintersemester anfangen sollte.

Danke an euch drei, dass ihr mit mir hier wart, die Kosten, den Aufwand und die Zeit aufgenommen habt um mich hier zu besuchen. Ich habe jeden einzelnen von euch extrem lieb und jeder von euch hat ein großen Platz in meinem Herzen.

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