Cassiopeia
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Hoch und runter in Südvietnam

Veröffentlicht: 08.02.2024

Wieder alleine sein.

Ich freute mich den ersten Tag und genoss es vollkommen all die Sachen nachzuholen, die halt ansonsten einfach ein wenig auf der Strecke liegen bleiben, wie z.B. die Planung und Organisation über die weitere Reise oder dem Rückmelden bei vieler Freund*innen. Ich traf auch sofort noch eine nette andere Deutsche, entschied mich aber alleine in Hanoi herum zuziehen, einfach weil ich die Zeit für mich brauchte. Am Abend fing dann aber ein unwohliges Gefühl an sich breit zu machen, welches leider die kommenden 1½ Wochen unterschwellig andauern sollte. Ich dachte zuerst, und vielleicht war es auch so, dass es aufgrund der plötzlichen Abwesenheit Laras entstand. Mit fehlte ihre Präsenz, der Gesprächsaustausch und die Gewohnheit ihres Charakters, welcher einfach durch niemanden in der kurzfristigen Zukunft ersetzt werden konnte. Aber daran gewöhnte ich mich recht schnell, ein unwohliges Gefühl, welches vorallem Heimweh beinhaltete blieb jedoch.

Ich fuhr nach Hoi An, eine süße kleine Fischerstadt mit einer von Lampions beleuchteter Altstadt und einer charmanten Ambiente, wobei der ausgeprägte Tourismus jedoch schon an dem Charm kratzte. Durch das Vermissen Laras, war ich kurzzeitig wieder sozial eingeschüchterter und es viel mir nicht leicht andere Menschen anzusprechen oder auf sie zuzugehen. Am Abend saß ich dann in einem kleinen Lokal, bei dem sich eine sympatisch aussehende Britten neben mich setzte und nach 10 minütiger Überwindung sprach ich sie an und wir fielen schnell in ein längeres Gespräch, bei dem wir uns schlussendlich für den nächten Tag verabredeten um uns einen Roller zu leihen und ein bissl herum zu gurken. Und sie war hübsch : )

Mit gehobener Laune schlenderte ich dann noch unter den in allen Formen, Farben und Bemalungen hängenden Lampions herum und dachte einfach nur ein bisschen nach während mir James Blunt ins Ohr sang wen er 1973 liebte. Am nächsten Tag fuhren wir zu einer Tempelanlage mit Höhlen und noch weiteren Ruinen mit Wasserfällen, also so ein typischer Ausflugstag in Asien, wobei ich von all den Sachen gar nicht mehr so viel weiß, da ich vielmehr auf das Gespräch konzentriert war. Wir redeten den ganzen Tag nonstop, machten dumme Späße und trafen uns spät Abends dann doch noch einmal spontan um nocheinmal miteinander zu essen. Sie überredete mich mir ein Henna Tattoo machen zu lassen und ich sie, Karaoke zu singen. Als wir uns verabschiedeten war ich kurz davor ihr zusagen dass ich sie sehr gern habe, sie hübsch sei oder zu fragen ob ich sie küssen kann. Nach längerem Augenkontakt und schweigen konnte ich mich aber trotzdem nicht überwinden und so blieb es bei einer normalen Verabschiedung. Ich ärgerte mich ein wenig über mich selber, wusste aber genau woran es lag. Da war immernoch dieses Gefühl im Unterbewusstsein und der Fakt, dass ich Valentina am kommenden Tag wieder sehen würde. Ich erfuhr einen Tag zuvor, dass die Kolumbianerin mit der ich ein sehr schönes Kennenlernen in Indien hatte, gerade in die entgegengesetzte Richtung reist und so beschlossen wir kurzerhand uns in der Mitte zu treffen. Ich war ein wenig aufgeregt, freute mich aber vorallem herauszufindnen wie unser Wiedersehen wird, da der Kuss bei unserem letzten Mal doch beidseits mehr Interesse weckte.

Nachdem ich Abends, am Hostel angekommen, noch einer Gruppe Russen und einem Algerier in einer Bar zeigte wer hier am besten Karten spielen kann, traf ich Valentina im Regen vor dem Hostel, als sie gerade aus dem Taxi ausstieg und wir fielen uns in die Arme. Wir setzten uns aufs Dach des Hostels und redeten uns bis 5 Uhr nachts die Ohren taub, wobei wir uns die ganze Zeit angrinsten und von außen betrachtet, versuchten ein Blickduell zu führen. Wir teilten uns gegenseitig mit, dass wir uns sehr sehr gerne mögen und den anderen besser kennenlernen wollen, wobei wir emotional zu sehr involviert waren, als dass es für einen von uns ein Mehrwert wäre, jetzt etwas zu haben und in zwei Tagen wieder in andere Richtungen zu reisen. Himzukam, dass sie erst gerade eine längere Beziehung verarbeit hatte und nicht wieder jemanden hinterher weinen möchte und so kam von ihr auch der größere Antrieb es vorerst platonisch zu lassen, wobei wir feststellten, dass wir zum selben Zeitraum in Thailand sein werden und dann länger miteinander herumreisen können um dann zu schauen was sich entwickelt. Ich war ein wenig von ihren ambivalenten Gefühlen verwirrt, was glaube ich nur nochmehr dazu führte, sie besser kennen lernen zu wollen.

Auch wenn sie mir am kommenden Morgen noch einen Kuss zur Begrüßung gab und wir einen wundervollen Tag miteinander verbrachten, so distanzierte sie sich Abends dann weiter und nachdem wir nocheinmal redeten, war es auch plötzlich unsicher ob wir uns in Thailand sehen werden. Ich war vorallem verwirrt und hatte mich ein wenig zu schnell in jemanden verschaut. Ich schrieb ihr Abends noch einen kleinen Brief und fuhr dann vor dem Morgengrauen mit ein wenig Herzschmerz weiter nach Südvietnam.

Bei der Nachtfahrt entschied sich der Busfahrer spontan um 4:30 Uhr alle Lichter anzumachen und seine Lieblings vietnamesischen Popsongplaylist auf YouTube in jeder Schlafkabine auf voller Lautstärke zu präsentieren, während ich halb verrückt geworden bin und alle einfach nur schlafen wollten. In Da Lat angekommen lieh ich mir mit einer Belgierin ein Fahrrad und wir sausten durch jetzt plötzlich vorhandene Kiefernwälder und um Seen herum, welche solch eine Änhlichkeit mit den Talsperren meiner Heimat hatten, dass bei mir ein ganz wohliges Gefühl aufkam, welches jedoch immernoch von dem unangenehmen Gefühl beeinträchtigt wurde.

Es war vorallem eine Zeit in der ich die Glücklichkeit bei anderen Menschen suchte, weil ich sie gerade alleine nicht erreichen konnte und leider auch einfach nicht wusste, was ich dagegen tun konnte. In der Zeit, in der ich mit den anderen unterwegs war, war ich auch ziemlich gut gelaunt und glücklich, was jedoch sofort nachließ, wenn ich wieder alleine war. Und das machte mich wiederum noch frustrierter, da ich ja doch die letzten Monate verdammt gut lernte alleine zurecht zu kommen und glücklich zu sein. Es heißt auch nicht, dass nur weil ich schon kurz nach der Abreise Laras auch andere Menschen interessant fande, dass es den Stellenwert unserer Beziehung herabsetzt. Es war vielmehr für mich die Bestätigung, dass ich mich momentan einfach nach keiner festen sehne.

In Saigon, aka. Ho-Chi-Minh-Stadt, besuchte ich dann noch das nationale Kriegsmuseum über den Vietnamkrieg, welches meine Laune dann halt auch nicht wirklich weiter anstiegen ließ. Die Kriegsverbrechen der USA, mit Napalmanschlägen und dem Einsatz von Herbi-, Bakteri- und Fungiziden um einen fläschendeckenen Hungersnotstand durch die Zerstörung der Anbaufelder zu verursachen war eine so perfide Taktik, welche bis heute durch den Restverbleib der toxischen Substanzen im Boden dazu führt dass Vietnam im internationalen Vergleich eine viel höhere Fehl- und Missgeburtenrate hat. Wie können Menschen, die keinerlei Ahnung und Berührungspunkte mit der anderen ethnischen Gruppe haben, so viel Macht haben, dass sie ein komplettes Land in Norden und Süden teilen und dann hunderttausend Menschen massakrieren, weil diese eine andere Ideologie verfolgen? Auch wenn Menschen aus angeblich religiösen, territorialen oder ideologischen Gründen Krieg führen, so ist die wahre Ursache doch immer die eigene Macht zu sichern, bzw. zu erweitern. Es sollte den Amerikanern und den Russen oder Chinesen doch scheiß egal sein unter welchem Staats- und Wirtschaftssystem ein anderes Land geführt wird. Ich weiß dass es natürlich aus ökonomischen Grüdnen natürlich nicht so ist, aber kann man nicht einfach mal die Autonomie eines Staates akzeptieren und die Menschen dort so leben lassen, man wünscht sich ja auch nichts anderes für sein Heimatsland. Diese utopischen Vorstellung die hier so vage, unstrukturiert und viel zu undifferenziert hingeschrieben wird, ist gerade vielmehr das Resultat von einer 6 stündigen Hitzeeinwirkung bei 37°C und dem pazifistischen aufkochenden Gedankengut durch die Erinnerung und Verständnislosigkeit an die Kriegsgeschehenesse.

Toll, jetzt bin ich wütend und habe das Bedürfnis weiterhin meine Meinung transparent und undifferenziert heraus zuposaunen...

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