Don Curry on Tour
Don Curry on Tour
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Don Curry wird's weihnachtlich

Veröffentlicht: 15.01.2017

Don Curry lässt sich eigentlich nicht durch irgendetwas überraschen. Er sieht das Leben nüchtern und liebt es fein geregelt. Alles hat an seinem Platz zu sein, da wo es hingehört. Und kommt doch mal etwas durcheinander, dann ist das eine Störung, aber keine Überraschung.

Heute aber sollte einiges geschehen, was Don Curry nicht kommen sah. Und doch ließ sich das nicht als Störung einordnen. Nein, heute stand Don Curry mehr als eine Überraschung ins Haus.

Es begann bereits auf dem Weg zum Frühstück. Im Fahrstuhl hörte Don Curry einen Chor, der eine vertraute Melodie sang. Er achtete nicht weiter darauf - Fahrstuhlgedudel eben. Doch im Speisesaal sang der Chor kräftig weiter: "Ding, dong, merrily on high", ein bekanntes englisches Weihnachtslied. Hatte Don Curry etwas verpasst? Oder eine kleine Zeitreise gemacht? Sicher, das Fest der Geburt Christi lag gerade 3 Wochen zurück. Aber in Jaipur? In der Wärme? Mitte Januar? Weihnachtslieder!!??!! Schonungslos sang der Chor weiter von Krippe und Stall, von Engeln und Hirten. Und Don Curry trank dazu einen frisch gepressten grasgrünen Gurke-Minz-Saft vom Frühstücksbuffet:  Cheerio! Sicherlich ein britisches Getränk, das nach dem Brexit auch nur besser werden konnte, werden musste.... Etwas Müsli und 2 walnussgroße Mini-Muffins komplettierten das erste vorsichtige Frühstück nach der erzwungenen Darmreinigung. "Ding, dong, merrily on high" Don Curry zwang sich, nicht zu summen.

Das Zimmer war schnell verlassen, zu schnell, wie sich noch zeigen sollte, das Auschecken verlief problemlos, und Mr. Sanjay harrte bereits neuen Huporgien entgegen.

Unterwegs gab es diesmal keine Sehenswürdigkeiten, dafür unterschiedliche Landschaften Rajasthans zu bestaunen: mal wüstenartig, mal felsig, mal norddeutsch-platt. Mr. Sanjay fuhr wieder eines der obskuren Midway-Restaurants an, die anscheinend nur von Fahrern und ihren Touristen genutzt wurden. Sicherheitshalber verzichtete Don Curry auf ein weiteres Lunch-Erlebnis, sondern suchte die Toiletten auf. Vor deren Tür begrüßte ihn freudig ein kleiner älterer  Herr mit einem allerliebst strahlenden Lächeln und überreichte Don Curry mit eine Geste, als wäre es ein persönlich ausgesuchtes Weihnachtsgeschenk, eine Serviette mit der Aufschrift "Welcome". So sehr hatte sich noch kein Klo auf Don Curry gefreut. Leicht irritiert, aber zielstrebig  ging er seiner Verrichtung nach, um dann zu erkennen, welchem Zweck die dünne Papierserviette zugedacht war: es gab sonst nichts anderes. Als Don Curry dann den Wasserhahn des Waschbeckens aufdrehte, stand unvermittelt der kleine Herr direkt neben ihm, strahlte und reichte mit großer Geste Don Curry zwei Servietten mit der Aufschrift "Welcome". Logisch sind die Inder wirklich: der Mensch hat schließlich zwei Hände, aber nur einen... , dachte Don Curry konsequent nicht zu Ende.

Gegen Ende der Strecke hatte sich Mr. Sanjay noch einen kleinen Beitrag zur Auflockerung der sonst öden Fahrt überlegt, den Besuch bei einer Frauenkooperative. "Nur schauen, nicht kaufen!" meinte Mr. Sanjay treuherzig. Doch Don Curry wusste, was nun auf ihn zukam. Er war schon in viele Teppichläden dieser Welt geschleppt worden. 

Freundlich wurde er begrüßt, durfte die Frauen draußen bei ihrer Handarbeit beobachten, bekam ein paar Infos und wurde dann in den Laden komplimentiert.

Ein geschmeidiger Mann stand dort schon bereit und überraschte Don Curry mit einem extrem originellen Einstieg: Leider wäre der Verkäufer gerade nicht da, er und die anderen Anwesenden seien Künstler, die ihre Werke für den Verkauf beitragen würden. Sie könnten natürlich viel zu ihren Erzeugnissen erzählen, aber er müsse bedenken: Wir wissen, wie man arbeitet, aber wir wissen nicht, wie man verkauft...

Wie viele Kunden mögen nach dieser Eröffnung wohl gedacht haben, hier echte Schnäppchen bei unerfahrenen Verkäufern machen zu können? Das es ganz anders aussah, sollte Don Curry sehr schnell merken, denn das Spiel begann nach allen Regeln der Kunst. Und Don Curry hatte heute Lust zu spielen...

Der Begrüßungskünstler verwies an einen jungen Kollegen, der zunächst ein unverfängliches Gespräch über die ausgestellten Tigerbilder begann. Nach ca. 10 Minuten gesellte sich ein zweiter "Künstler" dazu, dann noch ein alter Mann, den Don Curry innerlich nur "das Echo" nannte, weil seine einzigen Beiträge die gelegentliche gewichtige Wiederholung des letzten Satzes eines seiner zwei Kollegen bildeten. Und schließlich ein ganz junger Mann ohne Sprechrolle, der nur beim Zeigen helfen und nachher alles aufräumen durfte.

Ein Spiel 1 zu 4 also, das konnte spannend werden. Langsam entwickelte sich der Gang durch die diversen Verkaufsbereiche: Tischdecken, Tischläufer, Bettwäsche, Bettdecken, T-Shirts, Jacken, Wandteppiche, usw. Ganz neu im Angebot waren Überwürfe für Kingsize-Betten, die auch als Tischdecken benutzbar waren. Don Curry dachte kurz daran, sich ein neues Haus anzuschaffen, um Kingsize-Bett oder einen Tisch selbiger Größe unterbringen zu können...

Den klassischen Regeln des gepflegten Handelns folgend wurde Tee gereicht, auf die extrem günstigen Preise hingewiesen, das Fehlen von Zwischenhändlern betont, das schwere Schicksal der armen Frauen beklagt, die mit dem Erlös doch nur Ihre Kinder ernähren wollten...

Die Vier kannten das gesamte Repertoire von Tränendrüse bis Empörung. Im Minutentakt wurden die Produkte auf dem Boden ausgebreitet und bildeten Stapel um Stapel. "Nur schauen!" meinte der junge Künstler. "Nur schauen!" echote gewichtig das Echo.

Irgendwann fand einer der Wandteppiche durchaus das Gefallen Don Currys, was den geübten Beobachtern keinesfalls entging. Natürlich war genau dieses Exemplar antik, mal 100 Jahre alt, mal sogar 200 Jahre. Trotzdem erfragte Don Curry den Preis, um nun nach langem Taxieren die Endphase des Spiels einzuleiten. Das Preisschild forderte eine erhebliche Summe.

Don Curry zeigte Entsetzen und wandte sich ab, doch nun gab es beste Preise am laufenden Band, extra für ihn. Zu den ungeschriebenen Regeln des Feilschens gehört es, dass der tatsächliche Preis ungefähr die Hälfte des erstgenannten Preises beträgt. Don Curry wusste also nun, was das Stück kosten würde. Das war ihm deutlich zu viel. Also versuchte er eine sehr spezielle Variante des Spiels. Als er nach seiner Preisvorstellung  gefragt wurde, gab er ein Viertel des Erstpreises an. 

Allgemeine Empörung auf Seiten der Nicht-Verkäufer, selbst der Junge ohne Sprechrolle blickte angewidert auf Don Curry. Der zuckte die Schultern und wollte zur nächsten Abteilung gehen, als der Preis sich doch wieder bewegte, sogar unter die Hälfte des Erstpreises ging. Eigentlich hätte Don Curry jetzt sein Angebot erhöhen müssen, doch er machte deutlich: zu seinem Preis oder eben gar nicht. Abermals Empörung, angewiderte Blicke, und selbst das Echo verstummte. Das Spiel war vorbei.

Doch als Don Curry dann auch die Teppichabteilung absolviert hatte, gab es plötzlich einen neuen, allerbesten und allerletzten Preis: rund ein Drittel des Erstpreises. Don Curry lehnte dankend ab, worauf der Hauptverhandler meinte, er müsse jetzt den Manager fragen, ob er noch weiter mit dem Preis hinab dürfe. "Er muss den Manager fragen", erklärte gewichtig das Echo. Währenddessen wurde Don Curry kunstvoll ein Turban nach Maharaja-Art um den Kopf gewickelt, den er aber nicht kaufen wollte.

Der Manager setzte eine letzte Grenze, Don Curry lehnte ab, und das Spiel war vorbei. Nachdem er noch die Souvenirabteilung durchlaufen hatte, näherte sich Don Curry dem Ausgang. An der Kasse saß der Manager und hatte zufällig Don Currys Wandteppich dort liegen. Er könne doch noch ein letztes Angebot machen: das war jetzt nur noch wenig von Don Currys Preisvorstellung entfernt. Doch abermals lehnte der ab, und lächelnd verkaufte ihm der Manager das gute Stück zu Don Currys Preis - ein Viertel des Erstpreises, das hatte er noch nie geschafft.  "Ding, dong, merrily on high"

Trotzdem wirkten die "Künstler" keinesfalls geknickt, der junge Künstler schenkte ihm sogar eine kleine Holzkuh, und die Frauen draußen winkten fröhlich Don Curry hinterher, als er das Gelände der Frauenkooperative mit Mr. Sanjay verließ.

Nun ging es zum Hotel, in dem Don Curry die nächsten zwei Nächte verbringen würde. Jenseits des Dorfes Ranthambore ragten bald die schneeweißen Kuppeln eines ausgedehnten Gebäudes auf: das Hotel Nahargarh. Es war vor rund 20 Jahren ganz im Stil eines Maharaja-Sommerpalastes gebaut worden und insgesamt vier Innenhöfe lang, wobei die Zimmer sich an den inneren beiden Höfen befinden. Auf Don Curry wirkte es wie ein bewohnbares Märchen aus 1001 Nacht. 

Hotel Nahargarh  -  einer der vier Innenhöfe

Die Rezeption hatte ihm wieder einmal ein besonders großzügiges Zimmer in der obersten Etage zugedacht, mit weitem Ausblick auf den nahen Nationalpark und eigener Terrasse. Allerdings hatte sich an der Rezeption auch gezeigt, dass sein Reisepass nicht mehr da war: er musste samt Jacke in Jaipur geblieben sein. Die Rezeption wollte das regeln...

Die Terrasse


Obwohl es bereits kurz nach 16:00 Uhr war, bekam Don Curry noch etwas vom Lunchbuffet: Kartoffel-Paprika-Curry und ein besonders leckeres Guaven-Curry. Abends zum Dinner wurde sogar gegrillt, und Don Curry sank schließlich selig in die Kissen seines riesigen Bettes. "Ding, dong, merrily on high" Wovon würde er heute wohl träumen?

Nahargarh bei Nacht




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