Don Curry on Tour
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Don Curry und die faulen Bären

Veröffentlicht: 13.02.2017

Don Curry wirkt sehr zufrieden. Manche Tage laufen zwar anders, als sie ursprünglich mal geplant waren, aber diese unerwarteten Veränderungen können durchaus positive Auswirkungen haben. Don Curry liebt zwar seine Pläne und hält sie ganz unbescheiden für schlichtweg großartig. Doch wenn sich die Realität dann anders entwickelt, nimmt er die Veränderungen in der Regel gern an. Reisen ist konzentriertes Leben, und Leben bedeutet immer Veränderung: also kann man das Reisen als konzentrierte Veränderung bezeichnen, als stete Abfolge des Unvorsehbaren, als tägliche Lebenslotterie mit Gewinngarantie.

Star Cottage


Einen Hauptgewinn hatte er ja bereits gestern gezogen: das wunderbare Star Cottage, das auch bei Tageslicht nichts von seiner Imposanz eingebüßt hatte. Don Curry verordnete sich erstmal ein ausgiebiges Ausschlafen in seinem weltabgeschiedenen Domizil. Doch kurz nach 9:00 Uhr machte sich die Welt Sorgen um Don Curry: ein Mitarbeiter des Resorts klopfte energisch und fragte, ob er zum Frühstück kommen wolle. Don Curry wollte durchaus, fand das Buffet zwar schon ziemlich ausgeplündert vor, kam aber mit Müsli und Fruchtstücken wieder bestens zurecht. Toast und ein frischer Orangensaft wurden noch nachgereicht. 

Frühstücksbuffet mit Krokodil


Bei seiner Rückkehr zum Star Cottage war er dort nicht mehr allein. Vom gegenüberliegenden Flussufer schaute eine Großfamilie Languren neugierig zu Don Curry herüber, viele Jungtiere darunter, die ausgiebig herumtollten. Mit hohen, fast zwitschernden Lauten verständigten sich die Tiere. Nachdem sich Don Curry kurz in das Cottage zurückgezogen hatte, begannen die eleganten Affen, zu seinem Ufer überzuwechseln. 

Die Nachbarn von Gegenüber


Mit gewaltigen Sprüngen erreichten sie zuerst einen kleinen Felsen fast in der Mitte des Flusses und dann das hiesige Ufer. Für die erwachsenen Languren stellten diese beiden Sprünge kein Problem dar, die Halbwüchsigen wagten fast alle nur den ersten Sprung zum Felsen im Fluß, den längeren Sprung trauten sie sich nicht zu. Doch sie hatten keine Wahl: die Erwachsenen hatten alle längst die andere Seite erreicht – jetzt hieß es springen oder allein zurückbleiben. So nahmen auch die letzten Äffchen allen Mut zusammen und sprangen tapfer drauflos. 

Gibt's hier denn keine Brücke???


Manche erreichten das Ufer zwar nicht ganz, doch aus dem flachen Wasser in Ufernähe konnten sie sich schnell und tropfnass aufs Trockene retten. Fast eine halbe Stunde hatte diese völlig ungeplante Begegnung mit den wunderschönen Tieren Don Curry beschäftigt. 

Untere Terrasse des Star Cottage


Wieder klopfte es an der Tür, und ein weiterer Resort-Mitarbeiter fragte an, ob sein Gepäck schon transportbereit sei. Schnell wurde zuende gepackt und der kleine Inder schulterte Don Currys riesige Reisetasche auf dem langen Weg zur Rezeption, wo Prince bereits fahrbereit auf ihn wartete. Eigentlich hatte Don Curry folgendes geplant: Prince bringt ihn zum Bootsanleger Richtung Hampi und fährt mit dem Auto den weiten Bogen bis zum Vitthala-Tempel; er selbst wandert inzwischen von Hampi zum Vitthala-Tempel, um nach dessen Besichtigung Prince auf dem Parkplatz vorzufinden. Doch einerseits zeigte sich Prince ziemlich verunsichert, allein in dieser für ihn fremden Gegend herumfahren zu sollen, zum anderen bestand der Hotelmanager darauf, dass der Transport von Gästen zum Bootsanleger zum Service des Hotels gehöre. Nach langen Diskussionen konnte schließlich ein typisch indischer Kompromiss gefunden werden: ein Hotelangestellter fuhr Don Curry zum Bootsanleger Richtung Vitthala-Tempel, Prince folgte diesem Wagen, um dann das letzte kurze Stück eigenständig über die Brücke Richtung Vitthala-Tempel zu fahren. Besonders sinnvoll erschien Don Curry dieses Ergebnis nicht, aber so hatte zumindest jeder ein bisschen Recht bekommen.

Felsmalereien


Zunächst aber nahm sich Don Curry noch etwas Zeit, um die uralten Felsmalereien auf dem Hotelgelände zu bestaunen, die ihn sehr an ähnliche Kunstwerke im südlichen Afrika erinnerten. Mit seinem neuen Teilzeitfahrer machte er sich dann auf dem Weg. Smalltalk wird in Indien ziemlich schnell sehr persönlich. So erfuhr Don Curry so nebenbei, dass sein junger Begleiter seit 9 Jahren eine Freundin habe, die er sehr liebe, aber noch nicht heiraten könne, weil ihm die nötigen Rupien dafür fehlen. Außerdem kannte er die besten Fotomotive am Straßenrand und zeigte sich ganz begierig darauf, dass der Gast die Schönheit seiner Heimat festhält. 

Reisfelder bei Hampi


Schließlich fragte er noch, aus welchem Teil Indiens Don Curry denn stamme? Für einen Einheimischen hatte ihn noch niemand gehalten, aber anscheinend passte sich sein Teint allmählich den hiesigen Maßstäben an. Herzlich verabschiedete sich sein kurzzeitiger Begleiter und war ganz enttäuscht, dass Don Curry keinen WhatsApp-Account hat, um in Verbindung bleiben zu können.

Coracles am Tungabhadra River


Die Fähre


Mit einen kleinen Motorboot ließ sich Don Curry übersetzen und fand kurze Zeit später den großen Parkplatz am Vitthala-Tempel; von Prince allerdings noch keine Spur. Mittels langsamer Elektroautos konnte man sich von hier die Ein-Kilometer-Strecke zum Tempel transportieren lassen. Don Curry verzichtete und ging lieber zu Fuß – etwas Bewegung schadet nie! So konnte er auch mit Muße die Gebäude auf dem Weg zum Tempel erkunden. 

Im Vitthala Tempel



Tempelhalle


Der Vitthala ist zwar nur der zweitgrößte Tempel von Hampi, gilt aber als der Schönste und kunstgeschichtlich Bedeutendste. Aufwändig skulptierte Säulen bilden diverse offenen Hallen, ein steinerner Tempelwagen zeigt ebenfalls die bis ins kleinste Detail überzeugende Kunstfertigkeit der Erbauer; theoretisch könnte der Wagen auf seinen Steinrädern sogar bewegt werden. Don Curry ließ sich viel Zeit, in der beginnenden Mittagshitze durch den Tempel zu streifen. Als er endlich zum Parkplatz zurückkehrte, winkte Prince schon von weitem.

Tempelwagen


Beide machten sich auf den Weg ins eigentliche Hampi, vorbei an unzähligen Ruinen und Großbauten der alten Königsstadt Vijayanagar. Hampi selbst besteht im Wesentlichen ausschließlich aus Souvenirläden, Restaurants und einfachen Unterkünften und zieht vor allem junge Traveller an. Gerade in ihren Kreisen hat das Restaurant „Mango Tree“ einen fast schon legendären Ruf. Nachdem Don Curry sämtliche Gassen Hampis durchstreift hatte, stand er endlich vor diesem Ziel. Wie bei einem Gotteshaus oder Privathaushalt mussten auch hier die Schuhe draußen bleiben. Die Wände des Etablissements bestehen ausschließlich aus Reisstroh, die Decke ist mit bunten Baumwoltüchern abgedeckt, alles macht einen sehr luftigen Eindruck. Unzählige Ventilatoren sorgen für zusätzliche Kühlung.

Das "Mango Tree"


Im Hauptteil des Restaurants sitzt man einfach auf Kissen an niedrigen Tischchen, für etwas ältere Herrschaften wie Don Curry stehen aber am Rand auch normale Tische und Bänke bereit. Aus der umfangreichen rein vegetarischen, indisch-asiatisch geprägten Speisekarte mit leichten westlichen Ergänzungen wie Spaghetti oder Pizza, wählte Don Curry einen Tomatensalat und ein Cashew Curry mit Parathas, dazu 1 l Wasser, Cola Zero und ein Coconut Lassi. Innerhalb weniger Minuten stand alles vor ihm, wobei sich der Tomatensalat einfach als Teller mit ungewürzten, aber sehr geschmackvollen Tomatenscheiben erwies. Deutlich mehr gewürzt war das sehr leckere Curry, allerdings noch im gut erträglichen Schärfegrad. Das Lassi war so dickflüssig und gehaltvoll, dass Don Curry es sogar mit etwas Wasser verdünnen musste. Insgesamt kostete ihn das üppige Mahl mit Getränken gerade einmal 5 €. Auch Prince hatte sich zwischenzeitlich gestärkt, war von seinem Essen aber nicht so begeistert.

Gemeinsam fuhren sie zum Sloth Bear Resort, mussten diese Unterkunft allerdings lange suchen, weil sie heimlich den Namen geändert hatte und nun als Jungle Lodge ausgeschildert war. Selbst mit solchen Überraschungen ist in Indien jederzeit zu rechnen. Doch endlich konnte auch dieses Problem gelöst werden, und Don Curry wurde herzlichst willkommen geheißen – vielleicht auch deswegen so betont, weil er der einzige Gast des Resorts sein würde. Eigentlich lässt sich diese Unterkunft nur als Gesamtpaket mit Mahlzeiten und Exkursionen buchen, mit einem festen Tagesprogramm. Doch als einziger Gast durfte sich Don Curry aus den angebotenen Möglichkeiten ganz individuell sein Programm zusammenstellen. Unbedingt sehen wollte er das namengebende Sloth Bear Sanctuary in der Nähe, eines der wenigen Gebiete Indiens, in denen man mit ziemlicher Sicherheit die scheuen Lippenbären zu Gesicht bekommt. Prince bekam den Rest des Tages frei, und Don Curry würde sich heute schon zum zweiten Mal einem fremden Driver anvertrauen.

Pünktlich um 15:30 Uhr stand der stämmige Venketesh, genannt Venky, im Safari-Outfit bereit, um im gelben Geländewagen den Gast durch die Wildnis zu führen. Während Don Curry vor allem eine sehr trockene Vegetation mit einigen neu gepflanzten Bäumchen erblickte, machte Venketesh während des Fahrens selbst kleinste Vögel am Wegesrand aus und benannte sie ohne zu Zögern. Gut, Don Curry bildet sich nicht ein, Spezialist der indischen Ornithologie zu sein, doch Venketesh wirkte durchaus vertrauenswürdig. Eigentliches Ziel der Safari war das Schutzgebiet der Lippenbären. Dort verließen beide den Geländewagen, um mühsam ein paar Dutzend steile Felsstufen zu einem Beobachtungsturm hinaufzusteigen: ein großartiger Ausblick in einen weiten Talkessel eröffnete sich hier. Venketesh erklärte, dass für die Lippenbären regelmäßig eine Honig-Reismehlmischung auf einer gut einsehbaren Felsfläche versteckt würde. Nur aus diesem Grund wären sie aus ihren Höhlen zu locken. Sonst dösen sie lieber Tag und Nacht vor sich hin, bis irgendwann der Hunger sie in Bewegung bringt. Tatsächlich: Venketesh zeigte auf einen fernen schwarzen Punkt, der sich aus den oberen Felsen herunterbewegte und langsam auf die besagte Felsfläche zukam. Kurze Zeit später machte sich noch ein zweiter Fleck auf denselben Weg. Fast eine Stunde beobachtete Don Curry nun die beiden zotteligen Flecken in den Felsen, die Lippenbären beim Honigschlecken sein sollten. Zumindest mit der höchsten Zoomstufe der Kamera erhielten die Flecke tatsächlich bärenähnliche Formen. Einträchtig schleckten sie nebeneinander, ohne sich weiter zu beachten. Lippenbären sind konsequente Einzelgänger, die nur alle drei Jahre für Nachwuchs sorgen. Ansonsten hat ihr Leben nur zwei Ziele: ganz viel Dösen und ab und zu Honig schlecken. Don Curry wurde irgendwann sogar beim Zuschauen langweilig. Einige radschlagende Pfauen, ein paar Affen und ein Wildschwein sorgten zumindest für ein kleines Beiprogramm, doch nach einer Stunde bat Don Curry um die Rückfahrt. Dem erstaunten Gesichtsausdruck Venketeshs konnte er entnehmen, dass er dieses Wunder der Natur eigentlich hätte noch viel länger würdigen müssen. Aber egal: die Trägheit der Lippenbären schien irgendwie ansteckend zu sein – Don Curry sehnte sich nur noch nach Ausruhen und einem kleinen Nachmittagsschläfchen. Venketeshs Betrübnis wandelte sich während der Rückfahrt schnell in echte Begeisterung, als direkt vor ihnen ganz gemütlich ein Paar Painted Sandgrouse die Straße überquerten, die schönsten Vögel dieser Gegend. Siehst du, dachte Don Curry, wenn ich nicht gerade jetzt hätte aufbrechen wollen…

Zurück im Resort gab es für Don Curry noch keine Freizeit, zuerst stand „Koffee/Tea/Snack“ auf dem Programm: er bestellte sich einen Masala-Tee und ein paar frisch frittierte Brot-Pakoras. Lecker! Dann durfte er wirklich ausruhen, bis um 19:30 Uhr eine Filmvorführung beginnen sollte. Er konnte wählen zwischen einem langen Film über Lippenbären oder einem kurzen Film über die Ruinen von Hampi. Allein die Vorstellung langatmig dem langweiligen Leben der langweiligen Lippenbären ausgeliefert zu sein, erfüllte ihn mit Grauen. Hampi, rief er schnell. Vielleicht etwas zu schnell, wie er am betrübten Gesichtsausdruck Venketeshs ablesen konnte. Dennoch genoss er die kurze Einführung in die Geschichte der Ruinenstadt und ihre wichtigsten Monumente. Eigentlich stand das Abendessen erst in 44 Minuten auf dem Programm (nach dem langen Lippenbären-Leinwanddrama), aber Don Curry fragte verwegen, ob er es jetzt schon zu sich nehmen könne. Ein bisschen irritiert wirkte der Filmvorführer schon, wollte es aber organisieren. 20 Minuten später kam der Kellner mit einem großen leeren Teller, kurz danach wurde ein wohlgeformter Metallbecher mit kühlem Wasser kredenzt, dann ein Tellerchen mit Besteck. Dann schleppten zwei Küchenmitarbeiter zwei mit vielen Schüsseln bedeckte Tabletts zum Tresen. Der Kellner nahm nun jeweils eine der kleinen Schüsseln, um sie vor Don Curry auf den Tisch zu stellen und leise den Namen des Gerichts zu hauchen; insgesamt zwölfmal ging das so, bis Don Currys Tisch sich unter der Lasten der vielen verschiedenen Speisen fast bog. Welche Arbeit hatte sich das Küchenteam für seinen einzigen Gast gemacht: ein echtes Buffet en miniature: je eine Schüssel mit weißem Reis und Bratreis, Blumenkohlcurry, Eiercurry, gedämpftes Gemüse, Dal, eine weitere Gemüsezubereitung, 2 Chapatis, 2 Pappadam, 2 gebackene Hühnerbeine und einen Teller Pommes – als besondere kulinarische Verneigung vor dem westlichen Gast. 

Dinner for One

Don Curry konnte nur einen kleinen Teil all der Köstlichkeiten konsumieren. Am Ende wurde ihm noch eine indische Süßspeise auf Karottenbasis gereicht und eine extrem geschmackvolle Banane von der Größe seines kleinen Fingers. Kaum hatte er sich von dem Kellner verabschiedet, wartete bereits ein weiterer Mitarbeiter draußen auf ihn, dessen Aufgabe darin bestand, den Gast smalltalkend durch die Dunkelheit zu seinem Bungalow zu geleiten. Gästebetreuung bis ins Detail. Hier könnte man fast zum Lippenbären werden, dachte Don Curry, bei der Rundumversorgung.

Was für ein wunderlicher Tag! Außer dem Besuch bei den Bären war heute alles anders verlaufen als ursprünglich geplant. Trotzdem – oder deswegen? – entwickelte sich ein ganz besonderer Tag. Sollte Don Curry also das Planen künftig reduzieren und sich mehr treiben lassen? Irgendwie kann er sich das nicht vorstellen, er ist schließlich wirklich kein Lippenbär…

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