Osteuropas kommunistisches Erbe

Wenige Schritte nach dem Grenzübergang aus der Ukraine sind wir über den ersten Gedenkort für die Opfer der kommunistischen Gewaltherrschaft in Europa gestolpert, dem Memorialul Victimelor Comunismului şi al Rezistenţei in Sighetu Marmației. Bereits 1992 wurde beschlossen den Gedenkort in einem ehemaligen Gefängnis für politisch Verfolgte einzurichten. Die dramatischen Menschenrechtsverletzungen, organisierte Tötung von Systemgegner:innen und die Unterdrückung der Bevölkerung haben in Rumänien noch schlimmere Ausmaße angenommen als in der DDR.

Der Gedenkort war sehr gut besucht, von Rumän:innen aller Altersgruppen, die offenbar ein großes Interesse an der Aufarbeitung Ihrer Geschichte haben. Gleichzeitig ist die politische Führung des Landes bis heute von „roten Baronen“ geprägt, die auch in Zeiten der Diktatur am Werk waren. Nicht nur in Bukarest, auch im Rest des Landes ist der europäische Gedanke indes sehr präsent. Ob es Rumän:innen sind, die die europäische Freizügigkeit nutzen, und aus wirtschaftlichen Gründen im Westeuropa arbeiten und im Sommer alljährlich der Heimat einen Besuch abstatten; die europäischen Fähnchen, die an jedem zweiten Lichtmast hängen oder die vielen Tafeln, die über europäische Strukturförderung berichten. Die demokratischen Werte scheinen in der Gesellschaft angekommen, gastfreundlich werden wir als Deutsche überall empfangen, Europaskeptiker sind uns nicht begegnet.

Wie das in Einklang mit den alten sozialistischen Eliten und ihrem Nachwuchs zu bringen ist, die sich noch immer an die Macht klammern, ist uns ein Rätsel.

Sinnbild für den Größenwahn des kommunistischen Diktators Ceaușescu ist der Parlamentspalast in Bukarest, gebaut von 20.000 (Zwangs-)Arbeitern und geschätzten 3,3 Mrd.€ für Marmor, Leuchter, Teppiche und Co. Der Palast des ehemaligen Diktators, inkl. der riesigen Springbrunnen stehen heute auch der Bevölkerung zur Verfügung – als Entschuldigung für all das Unrecht darf jetzt die rumänische Arbeiterin zwischen Prunk ein rumänisches Weinfest feiern oder der abendlichen Show an den Springbrunnen folgen. Widergutmachung oder das einzig sinnvolle wie man den Größenwahn heute nutzen kann?

Viele Ideen der politischen Linken sind uns sympathisch und die permanente harte Konfrontation mit der organisierten Rechten hat den Blick versperrt, dass Diktaturen egal ob nationalistisch oder kommunistisch eine Katastrophe für ein Land und seine Menschen sind. Das die Gefahr auch heute wieder besteht, sehen wir in ganz Osteuropa: Polen, Ungarn, aber auch bei uns zuhause.