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Zwei Monate Balkan travelling. Ein Zwischenfazit auf der Heimreise.

Veröffentlicht: 18.09.2023

19.08.2023 - 20.08.2023

MARKUS:

Fast zwei Monate habe ich Tanja begleitet, nun geht es für sie alleine weiter. Wobei, so richtig alleine ist man ja auf Reisen eigentlich nie, es sei denn man will das. 

Den ersten richtigen Kulturschock erlebe ich nach knapp 22 Stunden Busreise (nach über fünf Stunden an der Außengrenze zur EU, die sich wahrlich zu einer Festung entwickelt hat)  kurz hinter der deutschen Grenze an einer Raststätte: ich sitze, einen mittelmäßigen vier Euro Kaffee in der Hand, schwatzend und lachend mit knapp dreißig Menschen aus Nordmazedonien an Tischen. Wohlgemerkt, die wenigsten kannten sich zuvor, alle haben bereits eine Tagesreise in den Knochen. Aber niemand jammert. Wir trinken, rauchen und lachen. Kameraschwenk nach Links: verstreut in Zweiergruppen sitzen deutsche Autofahrer, brav die Privatsphäre der anderen achtend - lieber Stehen als sich auf freie Plätze zu anderen Setzen - und führen vereinzelte, gedämpfte Gespräche. Ich teile meine Beobachtung und erhalte als Antwort von einem Albaner, der seit sechs Jahren in Deutschland lebt und arbeitet: "So sind die Deutschen, asozial (er meint dies nicht abwertend, sondern im Sinne von kommunikationsgehemmt). Alle bauen sich ihren Sicherheitsraum und schon ein Hallo kann als Eingriff in die Privatsphäre betrachtet werden" (er sagt dies tatsächlich fast wörtlich so und spricht fantastisch Deutsch). Und er schließt mit einem Scherz, der mich ein wenig stolz macht: "Du bist ein seltsamer Deutscher. Zwei Monate durch den Balkan und jetzt hier im Bus. Wir müssen das machen, wir arbeiten in Deutschland und können uns nichts anderes leisten als eine 35Stunden Busfahrt. Aber du musst das nicht und machst es trotzdem. Du bist entweder verrückt oder ein Krimineller." Jene, die gut genug Deutsch sprechen, um ihn zu verstehen, lachen. Und ich am lautesten mit.

Was bleibt nach diesen Wochen? - Ein Versuch in Schlagworten (mit einigermaßen unsachlichen Verallgemeinerungen und ein bisschen Sendungsbewusstsein;):

(Fast) alle Menschen sind toll. So viele Begegnungen mit Menschen aus unterschiedlichsten Kulturräumen und Schichten und alle, wirklich alle, zeigten sich herzlich, aufgeschlossen und interessiert daran, ihre Geschichte zu erzählen und den unsrigen zu lauschen. Menschen sind in der überwältigenden Mehrzahl toll!

Hilfe kommt. Du hast Dich verlaufen? Dir fehlt das Geld für eine Übernachtung oder die Weiterfahrt? Hilfe kommt. Und zwar immer genau dann, wenn du sie schon gar nicht mehr erwartest. Voraussetzung: geh offen auf Menschen zu, lächle, sprich, verschenke, was Du gerade nicht brauchst und sei selbst hilfsbereit und (mit)teilsam. Menschen helfen gerne. Altruismus ist ein natürlicher Trieb. Eigentlich könnte dieses Fazit auch lauten: Wir ernten, was wir säen.  

Nichts ist von Dauer. Zeit ist zwar im eigenen Empfinden relativ, aber eine Minute dauert eben immer 60 Sekunden. Alles kommt und geht im gleichen Tempo. Deshalb genieße die schönen Momente, sei möglichst oft in der Gegenwart und ganz bei dem Menschen, der Dich gerade begleitet. Und wenns mal scheiße ist - und ja, Reisen kann auch echt mal scheiße sein! - ist es sehr tröstlich und kraftspendend, zu wissen, dass auch diese Zeit nicht anhalten wird.

Entscheide Dich. Jedes Lebensmodell verortet sich zwischen den Polen Sicherheit und Freiheit und hat seinen Wert. Wie wir leben, ist jeder und jedem überlassen. Nur: entscheide dich bewusst dafür und lebe nicht einfach nur so ein Modell, das "man halt so macht" nach.




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