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Tbilisi - Mzcheta

Veröffentlicht: 21.06.2019

Am Montagmorgen, den 17. Juni 2019, treibt mich wiedermal die Sonne unerbittlich aus dem Zelt. So lasse ich mir bereits gegen acht etwas Honigmelone schmecken, bevor ich unser Lager am Fuße der mittelalterlichen Festungsruine über Borjomi abbaue. Rango muss ohne Frühstück klarkommen. Das Rinderherz, an dem er die letzten beiden Tage rummäkelte und welches ich daher schon länger als mir lieb war mitschleppte, hat über Nacht einen anderen Abnehmer gefunden. Ist mir ganz recht so. Kurz nach neun machen wir uns an den Abstieg in die Ortschaft und ich kehre nach einem kurzen Ringel durch den Stadtkern an einem kleinen Cafè mit Wifi für Khachapuri und ein Heißgetränk ein. Nachdem wir ein Weilchen das schattige Plätzchen genossen haben, geht es nochmal für einen Abstecher zum historischen Park von Borjomi. Rango darf draußen unter einem Baum unser Gepäck bewachen, während ich mir die Grünanlage einmal anschaue. Neben reichlich Trinkwasserquellen finden sich einige Fressbuden und Fahrgeschäfte, es wirkt teilweise wie auf einem Rummel. Da sich der Himmel zunehmend verdunkelt, beschließe ich mich erstmal zum Bahnhof zurückzuziehen. In der kühlen Halle schreibe ich einen Reisebericht, bevor ich mir am Nachmittag noch ein Käffchen und etwas Gata (süßer Blätterteig) gönne. Kurz vor halb fünf sitzen wir dann im Zug nach Tbilisi. Während der Fahrt leistet mir Iris aus Freiburg Gesellschaft. Sie ist Lehrerin an einer Mittelschule und auf Urlaubsreise. Die 4 h Zugfahrt sind recht kurzweilig, die Frau hat sich vor einem Jahr eine Weltreise gegönnt und wir verstehen uns ganz gut. Ursprünglich hatte ich vor, wieder nahe Mzcheta zu zelten. Wie der Zufall will, ist aber Mehran, den ich noch aus Eriwan kenne, gerade in Tiflis und konnte ein günstiges Bett für mich im selben Hostel buchen. Dusche, Waschmaschine, Bett,... klingt alles auch nicht schlecht. So werden wir am Abend gegen halb zehn von Mehran in der Altstadt nahe des Hauptbahnhofes in Empfang genommen. Ich beziehe meinen Schlafplatz, gönne mir eine Dusche, ziehe meine Ausgehkluft an und mache mich mit meinem kurdischen Kumpel und Rango auf den Weg zum FabricHostel ganz in der Nähe. Mehran ist von einer Gruppe Radfahrer eingeladen worden. In der illustren Runde finden sich ein paar Berliner, zwei Franzosen und ein Pärchen aus Neuseeland. So vergehen die nächsten Stunden wie im Flug und nachdem ich mich gegen Mitternacht noch mit Emmanuelle festgequatscht hatte, geht es erst gegen drei ins Bett.

Trotzdem bin ich am Dienstag einer der ersten, der sich in dem erstaunlich ruhigen 10-Mann-Schlafsaal aus den Laken pellt. Ich begrüße Rango im Hostelgarten (der Dicke muss draußen pennen) und frühstücke anschließend ganz gemütlich. Auch Rango lässt sich seine Mahlzeit schmecken, hungrig müsste er ja sein. Dann überarbeite ich einen Reiseartikel, stelle ihn online und lese anschließend ein wenig. Gegen elf geht es mit Mehran und Rango für ein Ringel in die Altstadt. Wir lassen uns Gata und Käffchen schmecken und mäandern zurück ins Bude-Hostel. In dem Viertel von Tiflis war ich bei meinem letzten Besuch kaum unterwegs. Die Straßenzüge bestehen größtenteils aus zweistöckigen Häuserblocks, die meisten davon in keinem guten Zustand. Lediglich an den Hauptstraßen ist der Sanierungsstand etwas höher und die Sakralbauten sind natürlich gut in Schuss. Den restlichen Tag entspanne ich im Hostel. Am späten Abend gehen wir (die zwei Franzosen, Mehran, Rango und ich) dann einem Geheimtip in Sachen guter Eiscreme auf die Spur. Es wurde nicht zu viel versprochen, sehr schmeckig das Betthupferl.

Für Mittwoch, den 19. Juni 2019, habe ich die Weiterreise nach Baku geplant. Der Zug geht am Abend gegen halb neun, soviel weiß ich schon. Um mir ein Ticket zu kaufen, führt mich mein Ringel mit Rango am Vormittag über den Bahnhof. Am Schalter werde ich an ein Informationstelefon verwiesen, die Kassiererin ist mit Rango überfordert. Auch die Info-Tante am anderen Ende der Leitung weiß nicht so recht Bescheid. Man legt mir Nahe, mich eine halbe Stunde vor Abfahrt beim Zugpersonal zwecks Rango zu erkundigen. Nicht ganz das erhoffte Resultat meines Bahnhofsbesuches, aber immerhin. Auf dem Rückweg werden wir dann von drei zornigen Straßenhunden attackiert. Mit Hilfe einiger Einheimischer bekommen wir die Lage aber ohne Verletzte in den Griff. Dann begleiche ich am Mittag die Hostelrechnung, packe meinen Krempel und döse ein wenig. Am Nachmittag drehe ich noch eine Runde mit dem Dicken im Viertel, gönne mir erneut ein lecker Eis und organisiere ein kleines Abendbrot. Auch Rango lässt sich noch den Rest seiner Portion Hühnerschenkel schmecken. Wir sind kurz vorm auschecken, als der jüngste Spross (etwa 3 Jahre alt) der Hostelbesitzer bei mir und Rango auftaucht und den Dicken streicheln will. Rango passt das überhaupt nicht und er knurrt den Bub an. Ich bedeute dem Kleinen sich zu verziehen, kann mich aber anscheinend nicht so recht verständlich machen. Der Dicke fletscht beim nächsten Anlauf des Zwerges die Zähne und ich schiebe den Jungen bei Seite. Gerade als ich einen der Erwachsenen herbeirufen will um den Knaben loszuwerden, nimmt dieser einen weiteren Anlauf um am Dicken rumzufummeln und Rango schnappt zu. Auf den ersten Blick ist nichts passiert, alles heile geblieben. Ich seile den Dicken etwas entfernt an und versuche das Kind zu beruhigen. Keine Chance. So nimmt das Drama seinen Lauf. Die Mutter ruft irgendwelche Leute an, während ich der einigermaßen entspannten Oma (welche unseren Aufenthalt abgesegnet und sich immer sehr über den ruhigen, entspannten Hund gefreut hatte) Rangos Impfausweis zeige. Sie macht Fotos von den Impfungen. Aufgrund der eher hysterischen Reaktion der Mutter (mittlerweile hat der Knabe einen blauen Fleck am Finger), beschließe ich meinen Ausweis nicht für Fotos zur Verfügung zu stellen. Ich hab da kein gutes Gefühl. Auch die restlichen Hostelgäste sehen das ähnlich. Wie sich im Gespräch mit einem Engländer herausstellt, hat der Bub Rango wohl über den Tag öfter mit Wasser bespritzt und angequäkt, während der Dicke, unter Ausnutzung der ganzen Leine auf der anderen Zaunseite, versucht hat auf Abstand zu kommen. Ärgerlich, dass ich das nicht mitbekommen habe, ich hätte Rangos Warnungen vielleicht etwas ernster genommen, die Situation besser eingeschätzt und das Kind notfalls mit Nachdruck vom Dicken fern gehalten. Sei es drum, auch so hätte das nicht passieren dürfen. Dummerweise muss ich dann auch los, mein Zug fährt bald. Ich begleite einen Teil der Familie noch zum Tierarzt um die Ecke, man traut anscheinend dem Impfpass nicht. Auch meine Einwurf "Kein Blut, keine Infektion!", trägt nicht zur Beruhigung bei. Lediglich die Arztschwester scheint das ähnlich zu sehen. Hilft alles nichts. Ich gehe dann recht zeitnah zum Bahnhof weiter. Wie sich ein paar Tage später herausstellt, eine prima Entscheidung. Kurze Zeit danach taucht im Hostel wohl ein Onkel von dem Knaben mit einem großen Baseballschläger auf. Keine Ahnung ob er Rango, mich oder uns beide erschlagen wollte. Gruselig. Am Bahnhof dann die erwartete Ansage, ich muss ein ganzes Abteil mieten. Kurzerhand quatsche ich eine andere Touristin an, zufällig auch aus good old Germany wie sich herausstellt. Sie reist mit einem Freund, der gerade Tickets kauft. Die beiden haben eine 2'er-Kabine gebucht, wären aber bereit nochmal zu tauschen. Ist laut Bahnpersonal nicht möglich. So gehe ich zur Kasse, ziehe eine Marke und warte... Leider zu lang, als ich an der Reihe bin, sind es nur noch knapp 10 Minuten bis Abfahrt und man will mir keine Tickets mehr verkaufen. Auch am Zug habe ich kein Glück und die Bahn fährt ohne uns. Blöd. Da ich im Bude-Hostel eher kein gern gesehener Gast mehr bin, fahre ich mit der Metro zum Bahnhof Didube und warte bis mich ein Marschrutka nach Mzcheta mitnimmt. Dort beziehe ich gegen elf den bekannten Zeltplatz und ziehe mich nach einer Katzenwäsche in die Federn zurück.

Am Donnerstagmorgen gehe ich zum Frühstück in die Ortschaft und werde prompt von der Supermarktbelegschaft beim Einkauf wiedererkannt. Auch der ein oder andere Jugendliche, mit dem ich vor einem Jahr geschwatzt habe, grüßt freundlich. Verrückt. Dann geht es in ein Cafè mit Wifi für einen Espresso und ich dattle etwas rum. Gegen Mittag marschieren wir zurück zum Zelt, ich gehe im Aragvi baden und spüle meine Wäsche durch. Ich gedenke am späten Nachmittag zum Bahnhof nach Tiflis zu fahren, eine Kabine zu buchen und mir ein paar Mitfahrer zu organisieren. Bis dahin bleibt noch etwas Zeit zum dösen und für eine Rasur. Gegen halb fünf machen wir uns dann mit unseren sieben Sachen auf den Weg zur Bushaltestelle. In den nächsten gut zwei Stunden habe ich kein Glück, etwa 8 bis 10 Busfahrer weigern sich Rango mitzunehmen. Nebenbei bleibt reichlich Zeit zum Nachdenken. Außer der Angst, für Zentralasien nicht mehr genug Zeit bis zum Wintereinbruch zu haben, spricht nichts dagegen, meine Reise wieder etwas zu entschleunigen. Angst ist ein schlechter Ratgeber, ab morgen wird wieder gewandert. Fühlt sich gut an die Entscheidung, das viele Gefahre in der letzten Zeit ist mir bissel auf die Nerven gegangen. Mal schauen wo es hingeht. So beziehe ich unseren Lagerplatz für eine weitere Nacht, gehe eine Runde baden und ziehe mich mit dem Dicken ins Nest zurück.

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