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San Pedro de Atacama

Veröffentlicht: 23.05.2023

Da dies ein persönlicher Beitrag von mir (Judith) wird, schreibe ich ihn ausnahmsweise aus meiner Perspektive. San Pedro de Atacama ist unser letztes Ziel in Chile und stand ganz oben auf meiner Prioritätenliste für diese Reise. Der Ort ist die Basis für viele landschaftlich spannende Punkte in der Atacamawüste und natürlich auch hervorragend geeignet für Beobachtungen des Sternenhimmels, da die Atacamawüste die trockenste Wüste der Welt ist und somit fast immer einen wolkenlosen Himmel aufweist.
Und dann habe ich direkt nach unserer Ankunft in San Pedro de Atacama erfahren, dass es meinem Vater so schlecht geht, dass es keine Hoffnung mehr gibt, dass wir ihn nach dem regulären Ende unser Reise im Oktober nochmal wiedersehen können. Wahrscheinlich geht es eher um Wochen oder wenige Monate, auch wenn das niemand so genau vorhersagen kann. Als wir losgefahren sind, wussten wir, wie krank mein Vater ist. Wir haben mit ihm und meiner restlichen Familie besprochen, ob wir trotzdem fahren sollen und gerade die Antwort meines Vaters war ganz klar, dass wir fahren sollen und auch nicht zurückkommen sollen, wenn es ihm schlechter geht. Trotzdem war die Entscheidung, ob wir jetzt abbrechen sollen oder weitermachen, wahnsinnig schwierig für mich. Würde ich es im Nachhinein bereuen, meinen Vater nicht noch einmal gesehen zu haben, auch wenn ich weiß, dass er wollte, dass wir weiterreisen? Direkt nachdem meine Mutter mich informiert hatte, wusste ich erstmal nur eine Sache: ich wollte meinem Vater unbedingt den Sternenhimmel in der Atacamawüste fotografieren. Nicht nur ist mein Vater großer Astronomiefan, er hatte eigentlich auch vor, selbst nach Chile zu fahren, und dabei war die Atacamawüste mit ihrem klaren Himmel sicher eines der wichtigsten Ziele. Daher beschlossen wir, so schnell wie möglich eine Astronomietour zu buchen und alles weitere danach zu entscheiden. In den nächsten Tagen sprach ich mit meiner Mutter und meinen drei Geschwistern, was sehr hilfreich dafür war, sich nicht ganz so weit weg zu fühlen. Und alle sagten mir auch noch einmal, dass es in Ordnung ist, egal wie ich mich entscheide. Meine Schwester gab mir den hilfreichen Tipp, zu testen, ob es sich richtig oder falsch anfühlt, einen Ausflug zu machen. Genau das machten wir dann auch und ich merkte, dass es mir gut tat und ich gleichzeitig traurig sein und an meinen Vater und meine restliche Familie denken kann und auch die Dinge, die wir hier sehen und erleben, wertschätzen kann. Und so machen wir vorerst weiter. Auch für meinen Vater; denn dass wir überhaupt hier sind, haben wir zu großen Teilen auch ihm zu verdanken, da er mir die Reiselust von klein auf beigebracht hat. Und damit hat auch Sebastian sie indirekt von ihm, weil ich ihn wiederum damit angesteckt habe.

Da wir also entschieden haben, erstmal weiterzureisen, kommt hier auch wieder ein normaler Reisebericht. San Pedro de Atacama ist ein sehr kleiner Ort, in dem eigentlich alle vom Tourismus leben. In der Hauptstraße, die eine Fußgängerzone ist, reiht sich ein Tourenanbieter an den anderen, nur unterbrochen von Restaurants und Souvenirläden. Wir fühlten uns dort aber sehr wohl - die staubigen Straßen und Lehmhäuser haben einen besonderen Charme und San Pedro de Atacama gilt teilweise auch als sicherster Ort Südamerikas. Diesen positiven Eindruck können auch die vielen Straßenhunde nicht trüben (scherzhaft sagt man auch "San Perro de Atacama"; perro = Hund). Allerdings ist der Ort auch sehr teuer - nicht nur haben wir pro Person über 300€ für 6 Touren bezahlt, wir kauften auch aus Versehen eine Packung Taschentücher für fast 10€ (ich dachte, sie hätte 900 Pesos gesagt, was ich mit knapp 1€ plausibel fand, aber es waren dann doch 9000 Pesos). Die Touren waren ihr Geld aus unserer Sicht aber vollkommen wert. Wie oben beschrieben starteten wir mit einer Sternbeobachtungstour. Dazu fuhren wir aus der Stadt raus, wo uns ein Astronom zunächst einige Sternbilder mit dem bloßen Auge zeigte. Anschließend zeigte er uns noch ein paar Konstellationen und Sterne durch zwei aufgebaute Teleskope. Ich wurde da nur schon langsam nervös, weil ich ja unbedingt den Sternenhimmel fotografieren wollte und wir bis zu diesem Zeitpunkt gebeten wurden, noch keine Handys rauszuholen um uns besser an die Dunkelheit zu gewöhnen. Schließlich konnten wir aber noch mein Stativ aufbauen und ein paar Fotos machen - diese werde ich hier aber nicht teilen, weil wir sie für meinen Vater gemacht haben.
Am nächsten Tag machten wir dann direkt zwei Touren. Vormittags fuhren wir zunächst zu einigen Petroglyphen, die sowohl heimische Tiere wie Guanakos und Lamas darstellten, aber auch z.B. Affen und Krokodile, die es hier nicht gibt und die damals nur von Reisen bekannt waren. Bei den Petroglyphen gab es auch ein Frühstück, das von Fahrer und Guide zubereitet wurde mit leckerem Baguette, Rührei und Avocado. Danach fuhren wir zum Regenbogental (Valle de Arcoíris), wo es Felsen in allen möglichen Farben gab, v.a. rot, grün, schwarz und weiß. Dort machten wir eine ganz entspannte Wanderung, die uns richtig gut gefiel. An diesem ersten Tag fuhren wir auch noch nicht so hoch wie an den folgenden Tagen und waren auf ca. 3200m unterwegs. Unterwegs sahen wir auch Lamas, Esel und Guanakos. Hier haben wir dann auch gelernt, dass Lamas domestizierte Guanakos sind und Alpakas domestizierte Vicuñas.
Nach einer kurzen Pause in der Unterkunft fuhren wir nachmittags noch zum Mondtal (Valle de la Luna). Dort stiegen wir auf eine Sanddüne hoch, was durch einen kleinen Asthmaanfall bei mir erschwert wurde (ich vermute durch Sand und Staub ausgelöst, das war bislang nämlich der einzige Asthmaanfall), sodass wir uns etwas beeilen mussten um bei der Gruppe zu bleiben. Aber wir schafften auch das und genossen den Blick von der Düne, bevor wir weiter durch das Tal fuhren und liefen. Die Mischung aus Sanddünen, Salzformationen und mondähnlicher Landschaft war durchaus beeindruckend. Danach fuhren wir mit der Tour zu einem Platz mit "kleiner" Aussicht, wo Cocktails und Snacks serviert wurden. Wir tranken auch einen Pisco Sour und genossen die Aussicht. Schließlich ging es dann noch zu einem höheren Aussichtspunkt, von dem aus wir den Sonnenuntergang über dem Valle de la Luna beobachteten.
Nach diesem schönen Tag ging es am nächsten Tag gegen 6 Uhr los zum nächsten Ausflug zu den Piedras Rojas. Unser erster Stopp war am südlichen Wendekreis, wo wir wieder genauso leckeres Frühstück wie am Tag zuvor bekamen. Anschließend fuhren wir zu den Piedras Rojas (rote Steine) auf 4000m Höhe. Dort machten wir eine kleine Wanderung von jeweils ca. 40 Minuten Hin- und Rückweg, allerdings aufgrund der Höhe in sehr langsamem Tempo. Dort erwartete uns eine beeindruckende Landschaft aus eben roten Steinen, einer klaren Lagune und Vulkanen, die sich im Wasser spiegelten. Zudem wurden wir dort Zeugen eines Heiratsantrags eines brasilianischen Paares aus unserer Gruppe, den wir alle fröhlich beklatschten, nachdem er angenommen wurde. Anschließend fuhren wir nochmal etwas höher auf 4300m, wo wir zwei Lagunen besuchten, die wieder inmitten von Vulkanlandschaften lagen. Nach so viel Laufen in der Höhe war dann auch mal Zeit für Mittagessen, das wir irgendwo im Nirgendwo zu uns nahmen. Dafür tischten unser Guide und unser Fahrer uns Salat, Gemüse und Hähnchen auf und es war schön, dieses Mittagessen in der Natur zu genießen. Nach diesem schon recht vollen Programm für einen Tag machten wir noch einen letzten Stopp an der Laguna Chaxa in der Salar de Atacama. Dort sahen wir einige Flamingos, die sich im Wasser spiegelten. Da es dort sehr heiß war und wir schon so viel erlebt hatten, waren wir nicht traurig, als wir schon nach ca. 15 Minuten wieder aufbrachen, auch wenn es noch ein sehr schöner letzter Stopp war.
Am nächsten Tag ging es dann noch früher los, weil wir zwischen 4.30 Uhr und 5 Uhr abgeholt werden sollten um zu dem Geysiren von Tatio zu fahren. Dorthin fährt man so früh am Morgen, weil die Geysire dann am aktivsten sind. Die Geysire von Tatio sind auf 4300m das höchste Geysirfeld der Welt, das drittgrößte der Welt und das größte der Südhalbkugel. Um die Zeit auf dieser Höhe ist es allerdings sehr kalt - als wir dort waren, waren es -6°C. Dafür haben wir uns warme Alpakapullis gekauft und mit insgesamt 6 Schichten an Kleidung, Handschuhen und Mütze ließ es sich ganz gut aushalten, auch wenn wir uns doch unsere wärmeren Handschuhe gewünscht hätten. Wir fanden das Geysirfeld total beeindruckend. Zwar gibt es dort keine besonders hohen Geysire, dafür konnten wir einen richtig lang beobachten. Von Island waren wir es noch gewohnt, dass man beim Fotografieren sehr schnell den richtigen Moment abpassen muss, das war hier dann doch einfacher. Und wie die vielen kleinen Geysire und Fumarolen in der Morgendämmerung dampften, war sehr beeindruckend. Da hielt man die Kälte doch sehr gern aus. Anschließend fuhren wir zu einem schönen Aussichtspunkt, wo es wieder Frühstück gab, diesmal allerdings ohne Rührei. Wir fragten uns, ob es vielleicht an der Höhe liegt, dass kein Ei mehr gebraten wurde. Aber auch ohne Rührei war es herrlich, mit dieser Aussicht das Frühstück zu genießen. Auf dem Rückweg sahen wir noch ein paar Flamingos und Kakteen, kamen aber auch schon gegen 11 Uhr wieder in San Pedro de Atacama an, wo wir erstmal noch ein wenig Schlaf nachholten und den Tag nach all den Eindrücken entspannt ausklingen ließen.
Am nächsten Tag stand dann unsere letzte organisierte Tour in San Pedro de Atacama an. Diese war allerdings erst nachmittags, sodass wir etwas länger schlafen konnten und uns vor Tourbeginn noch leckeres Eis mit spannenden Geschmacksrichtungen aus verschiedenen Wüstenkräutern holen konnten. Die Tour wurde dann vom Guide Hugo und dem Fahrer Hugo durchgeführt - da wir in Mendoza schon zwei Touren mit Hugos mitgemacht hatten, fühlten wir uns also gut aufgehoben. Die Hugos brachten uns zunächst zu den Lagunen Céjar und Piedra, die ebenfalls in der Salar de Atacama liegen. Während die Lagune Céjar inzwischen ein Naturschutzgebiet ist, kann man in der Lagune Piedra schwimmen. Oder besser kann man sich dort treiben lassen, da der Salzgehalt so hoch ist, dass man nicht untergehen kann. Das Wasser ist dort mit 10-15°C recht kalt, das machte uns beiden aber zum Glück gar nichts aus. Ich fand es allerdings doch etwas unheimlich so zu treiben, zumal es so schwierig ist, die Füße wieder runterzukriegen und es eine Kante in der Lagune gab, wo es plötzlich so tief wurde, dass man nicht mehr stehen konnte. Ich blieb also lieber im flachen Bereich und ließ mir von Sebastian dabei helfen, mich etwas treiben zu lassen. Sebastian versuchte auch etwas zu schwimmen, was wegen des Auftriebs auch gar nicht so leicht war und ließ sich auch im tieferen Wasser noch etwas länger treiben. Das war ein spannendes Erlebnis, dass uns nicht nur mit viel Salz auf der Haut sondern aufgrund der scharfkantigen Steine auch mit einigen Wunden zurückließ; Sebastian schrammte sich den Oberschenkel auf und ich holte mir einige Schnittwunden am Fuß. Zum Glück hatte Guide Hugo Pflaster dabei, mit denen ich meinen Fuß nach dem Abwaschen des Salzes dann versorgen konnte. Wohlig entspannt nach dem Baden fuhren wir weiter zu den Ojos de Salar (dt.: Augen der Salzpfanne), zwei großen mit Wasser gefüllten Löchern, bei denen nicht ganz klar ist, wie sie entstanden sind. Sie eigneten sich allerdings hervorragend zum Fotografieren, da sich im Wasser schöne Spiegelungen ergaben. Zum Abschluss der Tour parkten wir mitten in der Wüste und genossen noch einmal Snacks und Pisco Sour, wobei wir uns diesmal auch nicht zurückhielten und jeweils drei Pisco Sour tranken. Es will ja niemand, dass das am Ende weggeschüttet wird...
Nach all den Touren hatten wir noch einen letzten Tag in San Pedro de Atacama, den wir ganz entspannt angehen wollten. Nach einem ruhigen Vormittag liehen wir uns Mountainbikes von der Unterkunft aus und wollten eigentlich zum Tal des Todes außerhalb der Stadt fahren. Dieses wurde aber seit der Pandemie nicht wieder geöffnet, worauf uns die Besitzerin der Unterkunft auch hinwies. Wir entschieden trotzdem hin zu fahren und zumindest von außen einen Blick drauf zu werfen. Wir konnten ein bisschen von der Landschaft sehen; mit den Mountainbikes über die Schotterstraßen zu fahren, war aber das spannendere Erlebnis. Zurück im Ort erholten wir uns mit leckerem Baguette und Saft in einem netten französischen Café. Anschließend gaben wir unsere letzten chilenischen Pesos für Ohrringe, frischen Papayasaft und Müsliriegel aus, da wir am nächsten Tag nach Bolivien weiterfahren wollten. Abends wollten wir daher auch noch eine Erfahrung machen, die Siu uns für Chile empfohlen hat, nämlich Terremoto (dt.: Erdbeben) zu trinken. Das ist ein Getränk aus Weißwein, Ananaseis und Grenadine. Es erinnerte uns also sehr an Schlammbowle und wir fanden es ziemlich lecker und fühlten uns auch nicht so betrunken, wie wir es nach Sius Warnung erwartet hatten.
Trotz Terremoto versuchten wir früh zu schlafen, da wir am nächsten Morgen den Bus um 4 Uhr nach Uyuni in Bolivien nehmen wollten. Wir fragten in unserer Unterkunft, ob sie uns für diese frühe Uhrzeit ein Taxi organisieren könnten, und die Besitzerin meinte, dass ein Taxi zu dieser Zeit sehr teuer sei und wir auch laufen könnten. Die Strecke war mit ca. 15-20 Minuten nicht so weit und bei der Ankunft waren wir sie auch gelaufen. Aber wir würden sonst in Südamerika aus Sicherheitsgründen nie um diese Uhrzeit herumlaufen. Aber San Pedro de Atacama ist wohl so sicher, dass das kein Problem ist, wie uns die Besitzerin unserer Unterkunft versicherte. Und so liefen wir um 3.15 Uhr durch die Straßen von San Pedro de Atacama und wurden noch nicht einmal von den Straßenhunden groß belästigt, sodass wir sicher am Busbahnhof ankamen und uns auf den Weg nach Bolivien machten. 

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