Feldtagebuch-aus-Kakuma
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Vom Lake Victoria zum Indischen Ozean

Veröffentlicht: 05.01.2023

English version below (Bryan hatte Spaß daran, den Blog auf Englisch zu lesen und zu editen, damit ich die Geschichten auch richtig erzähle)

Ich hoffe ihr hattet es schön an Weihnachten und seid gut ins neue Jahr gekommen. Ich freu mich, euch ab Mitte März irgendwo in Deutschland oder sonstwo wieder zu treffen!

Nachdem ich mit Muli vom Norden bis in den Süden gereist bin, ging es nun ganz in den Westen für Weihnachten, um dann das Jahr an der Ostküste ausklingen zu lassen.

Weihnachten war für mich dieses Jahr ohne Tannenbaum, Weihnachtslieder, Plätzchen und Krippenspiel, aber besonders und wunderschön war es trotzdem. Ich hatte das große Glück, dass Bryan mich für die Weihnachtstage mit zu seiner Familie genommen hat. Er hatte mich im Oktober spontan eingeladen, als wir uns im Guesthouse in Kakuma kennengelernt haben. Einem fremden Menschen die Tür öffnen – das ist es ja irgendwie, worum es an Weihnachten geht.
So sind wir von Nairobi aus mit seinen 2 Brüdern in den Osten gefahren, um auf der Farm seiner Eltern ein paar Tage zu verbringen. Obwohl es eigentlich nur ein 6-Stunden-Trip sein sollte, waren wir den ganzen Tag im Auto. Aber wir haben auch bei jedem schönen Spot gestoppt und ganz ohne Eile die Natur um uns herum genossen.

Der Ort heißt zurecht View Point - erster Stopp kurz hinter Nairobi
Mit Bryan und seinem Bruder
Bryan ist eine Filmmacher und so gabs sehr viele Handykameraeinsätze an den schönsten Spots
Die Autobahn ist 2-spurig und es gibt keine Bande für den Gegenverkehr. Überall stehen diese Black Spots Schilder, weil die Strecke immer wieder tödlich endet. Die Straße wird teilweise 4-spurig befahren oder es sieht aus wie ne Einbahnstraße (ist es aber nicht) und da hilft nur Vertrauen, dass der'die andere Fahrer*in ausweicht, wenn man überholt.
Teefelder
Neblig und fast kalt - so einen verregneten Dezember gab es hier auch noch nicht
Kenia ist keine große Kaffeenation - aber Chai gibts immer und überall

Die Zeit war sehr entspannt, wir sind viel durch die Gegend spaziert und gefahren. Die Farm liegt traumhaft schön an einem wilden Fluss und die Jungs haben mir ihre Chillspots gezeigt.

Ein Teil der Farm mit eigenem Ziegelstein-Ofen
So viel Natur hätte ich auch gern direkt hinterm Haus
Der Baum am Fluss beherbergt die Nester von wunderschönen kleinen gelben Vögel. Die kugligen Nester haben unten eine kleine Öffnung, wo die Vögel reinschlupfen. Trotzdem fragen wir uns, wie da die Eier nicht rausfallen :D

Wir waren auch in Kisumu beim Victoria-See. Einmal waren wir zum Sonnenuntergang da, der traumhaft aussah, aber wenn man sich umgedreht hat, haben schon die dunklen Gewitterwolken gewartet. Wir haben in einem Restaurant, das eine Metallkonstruktion im Wasser war, gegessen. Erst hats heftig geregnet, dann ist der Strom ausgefallen und die Blitze und Donner haben mich ziemlich erschauern lassen. Vor allem, weil mir im Kopf rumgeschwirrt ist, dass bei Gewitter weder Metall, noch Wasser, noch die Kombi ne gute Sache ist :D

Am Lake Victoria mit Bryans Brüdern und Freunden
Victoria-See mit den Gewitterwolken im ANflug
Ruhe vor dem Sturm
Stockdunkel - so essen wir unseren Fisch und ich bete, dass es hier für das Restaurant als Metallkonstruktion einen Blitzableiter gibt

An Heiligabend hat der Wecker um 5 geklingelt. Wir sind nach Malinya, Kakamega County, gefahren, um einen Stierkampf anzuschauen. Insgesamt 8 Stiere haben jeweils zu zweit gekämpft. Tausende Leute haben zugeschaut, getanzt, die Stiere ganz wild gemacht. Die Stiere bekommen vermutlich auch Weed, um high zu sein für den Kampf. (Die Quelle dafür ist aber nicht ganz sicher.) Für viele Menschen geht es um Geld, da auf die Tiere gewettet wird und die Polizei quasi das Wettbüro ist. Da so viele Menschen auf dem Feld waren, hat man manchmal vergeblich die Stiere gesucht, bis sie plötzlich ganz nah an einem dran waren. Ja zugegeben, gab es schon die ein oder andere Schrecksekunde. So einem wilden Stier will man nicht in die Augen schauen.

Fast nur Männer mit Stöcken tanzen und trommeln auf dem Feld und machen die Stiere bereit.
Die Menschen rennen den Stieren hinterher und wir sehen kaum noch was vom Kampf
Der Stier grast in aller Ruhe im Fußballtor - die Kämpfe sind vorbei

Nach dem Bullfight waren wir bei einem Basketballturnier, bei dem Bryans jüngster Bruder gespielt hat. Eine Skype-Session nach Deutschland hat natürlich auch nicht gefehlt, da konnte ich dann zumindest Plätzchen anschauen, wenn ich sie schon nicht in meinen Mund stopfen konnte.

Isaacs Team wurde Zweiter und Bryan und Innocent freuen sich für ihren kleinen Bruder

Abends waren wir in Kisumu, das ist eine Stadt direkt am Viktoriasee. Dort haben wir in einem Club in Weihnachten reingefeiert, mit Countdown um Mitternacht...

EIn bisschen anderer Heiligabend als sonst - in Clubs und bei Konzerten wird Schnaps oft wie ein Heiligtum durch die Menschenmassen getragen

Am nächsten Morgen haben wir dann auch noch die Kirche verpasst, aber Jesus ist ja in nem Stall geboren, also war ich auf dem Bauernhof vielleicht sogar am richtigen Ort 😉 Am 25.12. ist es Tradition, dass es Carol-Sing-Conteste in den Kirchen gibt, aber die haben wir auch verpasst. Abends gab es ein Weihnachtsessen in der Familie mit Truthahn und sooo viel verschiedenem Fleisch. Ich sags euch, die Transition back to vegan wird hart.

Familienessen
Die Mutter war sehr glücklich, mal einmal nicht die einzige Frau im Haus zu sein
Geschenke machen ist hier nicht sehr verbreitet - manche Familien wichteln, bei den meisten gibt es das aber garnicht.

Bryans Familie hat mir das schönste Weihnachten und ein richtiges Zuhausegefühl geschenkt. Es war ganz schön cool, hier 3 Brüder zu haben. Und wann immer sie ausversehen Swahili gesprochen haben, meinte immer einer von ihnen: „ Lasst mal Franky einschließen!“, das war sehr rücksichtsvoll.

Kurzer Zwischenstopp in Nairobi - eine ziemlich grüne Stadt
Nairobi bei Sonnenuntergang

Für die letzten Tage in 2022 bin ich allein mit dem Zug ganz in den Osten an den indischen Ozean gefahren. Die Strecke war traumhaft schön, ich habe sogar einen Elefanten neben den Schienen gespotted.

Der Bahnhof ist ein bisschen außerhalb - neben Drogenspürhunden und 2 Gepäckkontrollen waren die Sicherheitsstandards echt hoch
Der Zug nach Mombasa - 6 Stunden - über 450km - 1000 Ksh (8€)
Und Sitzplatzreservierung ist automatisch dabei! Deutsche Bahn, da könnt ihr noch was lernen

In Mombasa war zufällig auch Bryans Familie und so ging die Gaudi weiter. Zwei Freunde aus Nairobi sind nachgekommen und wir haben das Jahr am Strand ausklingen lassen und waren für den Silvesterabend bei einem Amapiano-Festival mitten in einem Wald. Südafrikanischer House hat uns alle sehr glücklich ins neue Jahr gebracht.

MOMBASA
"Arabic night"-Dinner am Strand mit Bryans Familie
In den Pool vom Hotel durfte ich dann auch springen, obwohl das eigentlich nicht geht
Höhlen und Korallenriffe am Strand
Unser AirBnB
Morgendliche Einstimmung auf Silvester mit einem nicht sehr abkühlenden Sprung ins Meer
Amapiano im Wald
Happy New Year!
Ein paar Affen beim Neujahrsspaziergang entdeckt
Neujahrsmorgen am Meer
Die Rückfahrt direkt nach der Silvesternacht war nicht für alle so leicht :D
Ein Connection-Train bringt uns vom Bahnhof in Nairobi ein bisschen mehr in die Stadt hinein. Er springt und hüpft fast von den Schienen und schüttelt und alle gut durch. Der ganze Wagen lacht
Zurück in Nairobi genießen wir noch den Sonnenuntergang von den Ngong Hills
An guten Tagen kann man den Mount Kenya sehen
Mark und Bryan - die wohl glücklichste und zufälligste Begegnung in Kakuma
Von den letzten Sonnenstrahlen das Gesicht wärmen lassen, während der Wind pfeift

Nun bin ich nach unzähligen Stunden und tausenden Kilometern mit Autos, Zug und Matatus bin ich zurück in Kakuma. Eigentlich wollte ich mit Muli mit 2 Matatus reisen, aber Bryan und Mark mussten zufällig die Hälfte der Strecke am gleichen Tag machen und haben und mitgenommen. Wir waren erst um halb7 in Kapenguria, und weil es keine Matatus mehr nach Kakuma gab, haben wir dort eine Nacht verbracht. Unser Zwischenstopp in Kapenguria war aber kein erfreulicher. Am Abend durfte ich Einblicke in eine „sad party“ (auf Kiswahili: Matanga) gewinnen. Ein guter Freund von meinen Reisebegleitern ist sehr jung verstorben ist. Am Abend vor der Beerdigung treffen sich Freund*innen, Nachbarn und die Familie bei guter Musik, Lagerfeuer und Essen für alle im Garten der Familie. Einige bleiben die ganze Nacht. Am nächsten Tag findet die Beerdigung im Garten statt. Bei den meisten Kenianern ist es so, dass der Verstorbene auf dem Grundstück der Familie begraben wird und alle ihn noch einmal sehen können. Und obwohl der Grund für das Zusammenkommen so traurig ist, fand ich die Atmosphäre unfassbar schön und die Gemeinschaft sehr tragend. Rest in Power Phoolish!
Also falls ich mal sterbe, macht doch ne sad party für mich und feiert das Leben.

Im letzten Matatu nach Kakuma sitzen Muli und ich fast verzweifelt, weil die Grüntöne immer mehr verschwinden. Diese Dürre macht etwas mit unseren Körpern und unserer Psyche. In Kakuma anzukommen war aber wunderschön. So viele offene Arme, fröhliche Gesichter, kleine Gespräche auf der Straße. Und das Gästehaus bei Fatuma fühlt sich wirklich nach Nachhausekommen an.

Die Pause von der Forschung tat gut und ich habe das Gefühl, viele Dinge besser zu verstehen und mich in Kenia immer wohler zu fühlen und besser auszukennen.
Die letzten 3 Wochen waren voller toller Menschen und Freundschaften, atemberaubender Landschaft und so vieler lachender Momente für die Bücher. Ich bin unendlich dankbar.


Eure Frankie

----- ENGLISH VERSION ----

Christmas by Lake Victoria, New Year's at the Indian Ocean

I hope you had a wonderful Christmas and a great start to the new year.

After traveling South with Muli from the North, I headed West for Christmas and then ended the year on the East.

Christmas for me this year was without the tree, carols, biscuits and nativity scene regardless it was still special and wonderful. I was very lucky that Bryan took me to his family for Christmas. He had invited me spontaneously in October when we met at the guest house in Kakuma. Opening the door for a foreigner - that’s what Christmas is all about!

So we drove from Nairobi with his 2 brothers to spend a few days at his parents' farm. The trip was supposed to be a 6-hour drive that ended up with us in the car for a whole day. We stopped at every beautiful spot and enjoyed nature without hurry.

The time at Bryan's parents farm was very relaxed. We walked and drove around his home area a lot. The farm is beautifully situated next to a river and the boys showed me their favorite chill spots.

We also went to Lake Victoria in Kisumu, we were there for a sunset, which was gorgeous! However, on that very day the skies were half and half, a dark storm was looming.

We ate at a restaurant that was a metal structure partially in water as it began to pour with heavy rain. Power went out as a stormy evening gave me quite the shiver. I had it in my head that neither metal, nor water, nor the combination is a good thing in thunderstorms.

On Christmas Eve, the alarm clock went off at 5am as we headed out to catch a bullfight in Malinya, Kakamega County. The fight was set to start at 7am. A total of 8 bulls were slotted to fight in pairs. Thousands of people were in attendance. They vigorously danced as they drove the bulls into a wild rage. Because of the many people in the field, sometimes it was hard to see the bulls fight until suddenly a bull gets very close to you and everyone is running to the opposite direction. Admittedly, there were a few scares.

After the bullfight we went to a basketball tournament that Bryan's youngest brother was playing and of course later on had a Skype call to Germany so I could at least look at biscuits if I couldn't stuff them in my mouth.

In the evening, we went to Kisumu, a city by the shores of Lake Victoria. There we crossed over to Christmas at a club with a countdown at midnight.

The next morning we missed Church, but wasn't Jesus born in a stable? So maybe I was at the right place on the farm? 😉

In the evening, the family had a Christmas dinner with turkey and different kinds of meat. I tell you, transitioning back to vegan will be tough.

Bryan's family gave me the best Christmas and a real home feeling. It was pretty cool having 3 brothers here. Whenever they accidentally spoke in Kiswahili, one of them would always say, "Let's loop Franky in!" That was very considerate.

For New Year's Eve, I took the train East to the Indian Ocean. The route was scenic, I spotted an elephant next to the tracks. Coincidentally Bryan's family happened to be in Mombasa too, so the fun continued. I was joined by 2 friends from Nairobi and we went to an Amapiano festival in the middle of a forest for New Year's Eve. South African House brought us all very happily into the new year.

After countless hours driving, catching trains and matatus. I headed back to Kakuma with a stopover in Kapenguria, which is about halfway the journey from Nairobi. We arrived in Kapenguria at around 6.30pm and since there were no more matatus to Kakuma, we spent the night in Kapenguria.

The stopover at Kapenguria was not a happy one though as I was allowed to gain insight into a "sad party". A good friend to my travel companion had died very young. The night before the funeral, friends, neighbours and family gather at the bereaved family's compound for good music, bonfires and food for all. Some stay the night. It is on the next day that the funeral takes place at the family's home. For most Kenyans, the deceased are buried on their family plot and everyone gets to view the body one last time. As much as the gathering was sad, I found the atmosphere incredibly beautiful and the community very supportive, Rest In Power Phoolish. So if I ever die, have a sad party for me and celebrate life.

On the last matatu ride to Kakuma, Muli and I sat almost in despair because as we continued going further North the green was fading away. There has been a shift in climatic conditions in Kenya and the drought is doing something to our bodies and our psyche.

On arriving in Kakuma the reception was beautiful. So many open arms, happy faces, sparking those little street conversations again and going back to the guest house with Fatuma really felt like coming home.

The break from research was good, I feel like I understand many things better and feel more comfortable in Kenya. The last 3 weeks have been full of great people, sparking friendships, breathtaking scenery and so many laugh-out-loud moments for the books. I am endlessly grateful.

Frankie

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