Don Curry on Tour 4
Don Curry on Tour 4
vakantio.de/don-curry-on-tour-4

Don Curry und die Klosterperlen

Veröffentlicht: 29.06.2023

Don Curry erwachte spät in seinem ersten armenischen Hotel. Die fast schon tuschetische Stille der Umgebung wirkte sich sehr positiv auf seine Schlafqualität aus, obwohl es gar nicht wirklich still war. Doch das fröhliche Zwitschern der Vögel, das Rauschen des Windes in den Bäumen, das Bellen eines fernen Hundes hatten einen so natürlichen Ursprung, dass sie nicht als Störquelle wahrgenommen wurden. Erst als gegen 8:30 Uhr zahlreiche Motoren angelassen wurden, endete diese beruhigende Naturverbundenheit. Die Amerikaner verließen das Hotel. Sie hatten wohl eine geführte Selbstfahrertour gebucht und machten sich nun als Kolonne von einen Dutzend Geländefahrzeugen auf den Weg.

Don Currys Weg brachte ihn zunächst zum Frühstück, das im Hotel Qefilian als Buffet angeboten wurde. Don Curry freute es, nicht schon wieder so viele ihm auf den Tisch servierte Lebensmittel zurücklassen zu müssen. Hier wählte er das, was er wirklich verzehren konnte. Zu den ungewöhnlichen Bestandteilen des Buffets gehörte eine deftige Version des "Armen Ritters", eine Art würziger Brotsalat in etwas gestocktem Ei bereitet. Außerdem stand hier ein Samowar bereit. Seit seiner Russlandreise konnte Don Curry gut damit umgehen und genoss den kräftigen Tee zu Frühstück; einen zielmlich süßen Aprikosensaft musste er mit etwas Mineralwasser verlängern.

Auch wenn er das Kloster Haghpat bereits gestern mehr als ausführlich besucht hatte, zog es ihn heute noch einmal dorthin. Bei ganz anderen Lichtverhältnissen wirkten manche Gebäude verändert. Ein besonders prachtvoller Chatschkar lag gestern nur zum Teil im Sonnenlicht, so dass er nur unzureichend fotografiert werden konnte; heute gab es dieses Problem nicht. So widmete Don Curry diesem Kloster noch einmal einen angemessenen Teil seines Tagesprogramms.

Doch dann musste es weitergehen. Wie eine Perlenkette liegen zahlreiche herausragende Klöster in relativer Nähe zueinander im nördlichen Armenien. Don Curry würde diese Klosterperlen heute nach und nach bewundern wollen. Die Provinzstraße von Haghpat zum nächsten Kloster verwandelte sich allerdings zusehends in einen weiteren verkehrstechnischen Alptraum. Aus der schmalen Asphaltstraße entwickelte sich eine Schotterstraße, die allmählich zum Feldweg degenerierte um dann als unbefestigter Waldpfad in scharfen, steilen Haarnadelkurven in die Tiefe zu führen. Als Don Curry kurz vor Ende dieser Schreckens-"Straße" an einem Gehöft vorbeikam, wunderte sich die Bäuerin sehr über das Fahrzeug, dass da aus den Bergen auftauchte.

Zum Kloster Achtala führte freundlicherweise eine gut ausgebaute Straße, die erst in den letzten Kilometer etwas schlaglochlastiger wurde. Achtala kommt im Kreis der armenischen Kirchen eine herausragende Besonderheit zu, weil sie einst komplett ausgemalt wurde und auch heute noch einen wesentlichen Teil ihrer Fresken behalten hat. Die armenische Kirche hatte sich früh und konsequent dem christlichen Bilderverbot angeschlossen und jahrhundertelang auf figürliche Darstellungen verzichtet. Das Kloster Achtala wagte es, sich über diese Beschränkungen hinwegzusetzen. Manche Wände sind noch komplett bemalt, aber auch einige der Szenen, die nicht mehr an Ort und Stelle sind, werden in der Kirche präsentiert. Leider fehlt der riesigen Muttergottes mit Kind in der Apsis das Gesicht. Eine kleinere Rekonstruktion des Originalzustands wurde hinter dem Altar aufgestellt. Wieder geriet Don Curry ins Schwärmen angesochts der satten Farben und der ausdrucksstarken Gesichter der biblischen Figuren. 

Von Achtala erfolgte nun die Rückfahrt durch das Debed-Tal, um anschließend gen Süden in die sogenannte Armenische Schweiz vorzustossen. Tatsächlich wirkt die Gegend wie eine alpine Almlandschaft mit schneebedeckten Bergen im Hintergrund. Auf dieser Strecke flog ihm irgendwann ein Stein in die Windschutzscheibe,  was Don Curry aber nicht weiter beachtete. An Dilijan fuhr er vorbei, obwohl die Altstadt sehenswert sein soll. Er wollte lieber gleich das nächste Kloster ansteuern. Plötzlich merkte er, dass der Stein in der linken unteren Ecke einen sternförmigen Schaden in der Scheibe hinterlassen hatte. An dieser Stelle würde das aber nicht weiter stören. 

Kloster Haghartsin liegt ähnlich wie die meisten georgischen Klöster weit oben in einem dichten Wald. Es wurde aus sehr hellen Steinen erbaut, so das es wie ein leuchtender Stern in der dunkelgrünen Umgebung wirkt. Mehrere Kirchen und ein großes Refektorium haben die Jahrhunderte überstanden. Das Kloster scheint ein beliebtes Ausflugsziel zu sein, denn dutzende Fahrzeuge füllten bereits den Parkplatz. Nach der Besichtigung musste Don Curry 500 Dram (1,20 €) Parkgebühr bezahlen, der Parkwächter half ihm dafür beim Wenden. Und dann sah Don Curry, dass sich aus dem kleinen Steinschlagschaden ein 10 cm langer Riss entwickelt hatte. Es gab also ein neues Problem, das ihn beschäftigen würde

Zunächst aber beschäftigte ihn ein weiteres Kloster: Goschawank. Auch dieses Kloster hatte man oben auf einem Hügel platziert, allerdings liegt es heute inmitten eines Dorfes. Kaum näherte sich Don Curry sprang sofort der hiesige Parkplatzwächter auf ihn zu und lotste ihn auf einen freien Platz; zugleich machte er klar, dass Don Curry hier 200 Dram (0,5 €) am Ende des Parkens zahlen müsse. Statt Wald prägen ausgedehnte Wiesen die Umgebung des Klosters. Innerhalb seines Komplexes fallen besonders einige extrem kunstvolle Chatschkare auf, die Don Curry sehr erfreuten.

Nun musste Don Curry umkehren und über Dilidjan Richtung Süden fahren. Durch einen langen Tunnel erreichte er bald das Gebet des Sewansees, des größten Sees im Kaukasusgebiet. In einer Höhe von 1900 m gelegen ist der doppelt so groß wie der Bodensee. In den letzten Jahrzehnten ist der Wasserspiegel erheblich gesunken, erst seit einigen Jahren versucht Armenien dem entgegenzuwirken. Auch Don Curry letztes Kloster des Tages lag einst auf einer Insel des Sewansees, die inzwischen zur Halbinsel geworden ist. Kloster Sewanawank genießt von allen bisher besuchten Klöstern die größte touristische Aufmerksamkeit. Der riesige Parkplatz zu Füßen des Klosters besitzt eine fast vollständige Umrahmung durch Souvenirshops. Auch die vielen Treppenstufen hinauf zum Kloster säumen weitere mobile Stände von Andenkenhändlern und Getränkeverkäufern. Vom Kloster selbst blieben zwei Kirchen aus dem 9. Jhdt. bestehen. Neben ihrer altertümlichen Architektur beeindruckt vor allem die prachtvolle Sicht auf den Sewansee und seine Umgebung.

Nur noch wenige Kilometer trennten Don Curry vom Hotel Lawasch, in dem er zwei Nächte verbringen würde. Diese direkt am Ufer des Sees gelegene Anlage verfügt über zahlreiche Hütten im volkstümlichen Stil der Region. Don Currys kleine Hütte lag nur wenige Meter vom Strand entfernt und bot durch das große Panoramafenster unmittelbare Blicke auf den See. Ein zusätzlicher kleiner Balkon betonte diese Seenähe noch. Als weiter Pluspunkt des Hotels konnte das Restaurant "Teekanne" gelten, dass sich auf regionale armenische Küche spezialisiert hat. So dicht am Wasser bestellte sich Don Curry eine Fischsuppe mit dem armenischen Fladenbrot Lawasch, dann ein Fischbarbecue mit gebratenen Kartoffeln und einem Karotten-Apfel-Salat; als Getränk bot der Kellner Dilidjan vom Fass an, jenes Bier, das Don Curry gestern vorenthalten wurde. Mit einem hausgemachten Sanddorn-Wodka beschloss er das leckere Mahl und gab sich in seiner Hütte dem stetigen Wellenrauschen hin, übrigens ergänzt durch häufiges Möwengeschrei, weil am Sewansee das Hauptverbreitungsgebiet der Armeniermöwe liegt.

Fünf Klosterperlen konnte Don Curry heute zu einem wunderbar beschaulichen Tagesprogramm verknüpfen. Jedes hatte sich auf seine Art als einzigartig erwiesen. Don Curry wusste, dass auf seiner weiteren Reise noch einige Klöster folgen würden. Doch gerade in ihnen konnte sich die armenische Kultur über manch schwierige Zeit der Unterdrückung und Verfolgung retten und erhalten. Kein Wunder, dass die Armenier in großer Zahl zu ihren Klöstern pilgern. Sie gehören ganz wesentlich zum historischen Schatz ihrer nationalen Identität, zu den kostbaren Perlen ihres Selbstbewusstseins. Auch Don Curry würde diesen Perlen auf der Spur bleiben...

Antworten

Armenien
Reiseberichte Armenien