Chile 2. + Kreuzfahrt-Suedamerika
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08.02.2024 Santiago de Chile

Veröffentlicht: 12.02.2024

Heute haben wir uns getrennt! Nein, nicht so! Karin wollte zu Hause bleiben und die Annehmlichkeiten des Appartementhauses, in Form des Swimmingpools und Fitnessraumes, genießen. Ich dagegen hatte noch ein Museum im Kopf, das ich bei unserem letzten Besuch nicht geschafft hatte anzusehen. Das "Museo de la Memoria y los Derechos Humanos" (Gedenken und Menschenrechte). In diesem Haus wird an die schrecklichen Menschenrechts-verletzungen und das "Verschwinden" vieler Chilenen/innen erinnert. In der Zeit der Militärregierung unter Augusto Pinochet (1973 - 1990) sind über 40.000 Menschen Opfer von Folter und Exekutionen geworden. Dieses Gedenkmuseum liegt in einem nicht so sicheren Viertel von Santiago und Franziskas ständige Ermahnungen und Berichte aus ihrem Umkreis machen dann so einen Besuch noch einmal aufregender. Auf der anderen Seite haben wir bisher so viel von der Welt gesehen und sind bestimmt oft naiv an Situationen herangegangen, aber hatten immer Glück! Wenn wir als unvoreingenommene Touristen uns nicht mehr auf die Straßen unserer Reiseziele trauen und uns nur noch in geführten Reisegruppen sicher fühlen können, dann sollte wir die Reiseziele überdenken oder nur noch in Berlin bleiben!? Mit solchen Gedanken und dem Rucksack vor dem Bauch, nicht auf dem Rücken, wegen der größeren Sicherheit, habe ich mich dann allein auf den Weg gemacht. Die Fahrtickets auf der Bip-Karte, die Franziska uns schon vorher aufgeladen hatte, die Eingangsschleusen und die Fahrtrichtung kannte ich noch vom letzten Mal. Passend zu meinen Gedanken traf ich auf der Aussteigestation auf eine Gruppe von Polizisten, die gerade drei junge Touristen/innen betreute, denen in der Metro alle Papiere und das Geld gestohlen worden waren. Vielleicht der gesamte Rucksack weg? Ich schlug mich zu Fuß zum Museum durch und meldete mich, auch das ist anders, erstmal bei Karin, um ihr mitzuteilen, dass ich gut angekommen sei. Beruhigungsanruf mit einem Handy von Franziska mit chilenischer SIM-Card. 

Im Museum ließ ich mir einen Audioguide (in englisch, deutsch no) geben, da fast alle Ausstellungshinweise nur in spanisch waren. Lustig war dabei, dass niemand mein Geld wechseln konnte/wollte und so mir der Guide kostenlos mitgegeben wurde. Die Ausstellung war sehr logisch aufgebaut und es fällt den Besuchern/innen nicht schwer, die Entwicklung des Terrorregimes und seine Auswirkungen auf die chilenische Gesellschaft nachzuvollziehen. Beeindruckende alte Filmausschnitte, in denen gezeigt wird, wie chilenische Düsenjäger das chilenische Regierungszentrum bombadieren, übrigens am 11. September 1973! Original Radiostimmen, die den Tod von Salvador Allende (der gewählte linke Regierungspräsident) bestätigen. Erste Verfassungsänderungen und brutale Verhaftungen, Gleichschaltung aller Medien und Verbot freier Meinungsäußerungen. Die Geschichte wiederholt sich doch immer wieder. Für mich wurde zu wenig, eigentlich nichts, über die Rolle der Amerikaner informiert. Deren Interessen standen doch bei dieser Revolution (besser Umsturz) ganz bestimmt im Vordergrund! Beeindruckend fand ich eine große, sich über zwei Etagen erstreckende Wand, auf der Fotos, der verschiedensten Größen und mit unterschiedlichsten Rahmen, aufgehängt waren. So wie bei uns zu Hause die Bilder der Familie hängen. Diese Bilder stellte nur einen Bruchteil der in Chile verschwundenen oder ermordeten Opfer dar und ein Abbild der Wand konnte man auf einem sehr großen Touchscreen, direkt gegenüber der Wand, wiederfinden. Einige Besucher drückten nun auf eines der Bilder auf dem Schirm und dann erschien das vergrößerte des Opfers und seine Geschichte dazu. Oder die Leute gaben einen Namen ein als Suchbegriff und dann wurde das passende Foto und der Lebenshintergrund  angezeigt. Ich fragte mich, wie viele der Opfer würden wohl heute noch leben, wenn nicht politische und finanzielle Interessen diesen Staat in ein solches Unglück gestürzt hätten? Und am Ende der Ausstellung, im dritten Stock, kam ganz lapidar zum Ausdruck, dass Pinochet 1990 durch die massenhafte Proteste der Opposition zu freien Wahlen gezwungen wurde. Diese Abstimmung verlor die rechte Militärdiktatur und er trat zurück! Dieser, am Elend so vieler Menschen, verantwortliche Mann wurde nie angeklagt oder vor ein Gericht gestellt, nie gab es Attentate auf sein Leben und im Gegenteil wurde er sogar noch einmal als Senator ernannt. Völlig fassungslos verließ ich das Museum und auch mündliche Nachfragen beim Personal ergaben keine anderen Erkenntnisse! Unglaublich!!!

Zu Hause traf ich meine Frau im Wasser an und dann machten wir uns auf zum größten Hochhaus von Südamerika (Gran Torre Santiago, 300 m), denn dort gibt es ein großes Einkaufszentrum, in dem man alles bekommt. Wir sollten noch ein paar fehlende Kleinigkeiten für die Dachparty am nächsten Tag besorgen. 


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