AllgäuerinInNorwegen
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Wie Norwegen ist - die weiteren Eindrücke...

Veröffentlicht: 24.08.2019

Ich fange mal mit dem Wetter an - mal wieder - denn danach sind alle Norweger verrückt. Sie checken zu jeder Tages- und Nachtzeit den Wetterbericht, sind deshalb auch immer auf dem neusten Stand und erzählen dir das auch. Mittlerweile habe ich auch schon diese Angewohnheit angenommen, ständig den Wetterbericht zu checken, um rauszufinden, wann es regnet, wie lange und wann die Sonne scheint. Dementsprechend gekleidet geht man dann nach draußen. Mit einer Regenjacke, einer zweiten dazu zum Wechseln oder doch noch mit Regenhose. Das Wetter bisher war eher Regenhose. Auch wenn es total komisch ist, sie zu tragen, mache ich es mittlerweile freiwillig, da die Hosen sonst den ganzen Tag nass sind. Seit ich hier bin, hat die Sonne für vielleicht zwei Stunden geschienen. Wenn es mal nicht regnet, das ist zwar selten, aber jetzt gerade ist es so, ist es bewölkt. Das zum Wetter.

Die Leute hier sind alle sehr nett und sprechen ein perfektes Englisch, was es für mich leichter macht, mit ihnen zu kommunizieren. Alle sind nett und zuvorkommend, man kann gut mit ihnen lachen und hier hält sich niemand für etwas Besseres. Jeder tut mit jedem. So werden auch die geistig beeinträchtigten Menschen hier durch jede Menge Freiwilligenarbeit und Projekte eingebunden. Auch an der Schule. Ein Junge darf zum Beispiel die Hälfte seiner Schulzeit in der Küche helfen, dann spielt er weiter auf seinem Keyboard im Foyer oder er verdrückt sich in seinen eigenen Raum. In Begleitung, gestern war ich das, haben wir sogar Pfandflaschen weggebrachten und eine Gabel gefunden. Auch wurde ich in deren Sportunterricht eingeladen, weil es nur vier solcher Schüler in der Schule gibt. Und es gibt in der Stadt auch eine Werkstätte für diese Leute und all jene, die keinen Job finden.

Die Jugendlichen hier sind alle sehr nett, sie grüßen auf der Straße, was ich zuhause ein wenig vermisst habe. Hier ist man netter zueinander und man hört den anderen besser zu. Gestern durfte ich die Technikklasse auf einen Ausflug begleiten. Es ging in ein Tipi, das ein Lehrer selbst gebaut hatte. Die Schule hat einen eigenen Minibus, sodass solche Ausflüge besser realisiert werden können. In dem Tipi saßen wir dann zusammengedrängt und grillten erst Würstchen und dann noch Burger. Das war echt cool. Ich unterhielt mich dann mit ein paar Jungs (sie sind um die 16 Jahre alt), wie ihr Alltag hier ist und was sie später machen wollen. Nach ein paar Gesprächen über Alkohol und die Autobahnen, bekam ich mit, wie sie hier Party machen. Unter der Woche nicht so, aber am Wochenende so richtig, da kann es schon mal sein, dass man 500 NOK ausgibt und mit einem Mädchen im Bett landet, erzählte mir ein 16-Jähriger! Darauf hat er mich auf eine Party eingeladen, sie würden mir zeigen, wie man trinkt. (Allgemein wird man hier viel eingeladen, ich musste schon eine Liste mit den ganzen Terminen anlegen, zu denen ich eingeladen bin: ein Konzert, eine Eröffnung, …). Einer der Jungs hat eine eigene Wohnung und ein Boot hier (er wohnt so weit weg, dass er die Woche über hier wohnt und an den Wochenenden zu seinen Eltern geht), dort wollen sie mir eine Geburtstagsparty schmeißen. Ein bisschen komisch war das schon, auch wenn ich das ganze Geschwätz nicht ganz so ernst genommen habe. Doch kurz danach kamen wir dann auf die Zukunft zu sprechen. Fast alle in dieser Klasse wollen entweder auf eine Bohrinsel oder auf einen Fischfarm, weil man dort sehr gut verdient und nicht viel arbeiten muss. Zwei Wochen Arbeit, weg von daheim, 4 Wochen Urlaub. Im Gespräch mit anderen Jungs (in der Klasse gibt es nur zwei Mädchen) kam heraus, dass sich die ganze Schule sehr für den Zweiten Weltkrieg interessiert und es stellte sich heraus, dass sie viel mehr darüber wissen als ich. Auf der Rückfahrt entdeckten wir dann noch einen Adler inmitten von Möwen – das sei hier üblich, erklärten sie mir. Allgemein ist die Natur hier viel ursprünglicher als im Allgäu.

In Norwegen ist es üblich, seine Freizeit – und davon hat man reichlich – in der Natur zu verbringen. Deshalb unternahmen wir, die Bewohner des Freiwilligenhauses, eine kleine Wanderung auf einen Berg bei einsetzender Dämmerung, da wir die Umgebung bei Sonnenuntergang sehen wollten. Hier sind ein paar Impressionen:

Die Brücke über den Fjord
Die Stadt und der Fjord

Und dann gibt es da noch das norwegische Essen: Normal ist es, morgens ein belegtes Brot, mittags ein belegtes Brot und abends dann etwas Warmes. In der Schule ist das nicht so gut umsetzbar, deshalb gibt es da bereits schon am Mittag etwas Warmes. Gestern gab es zum Beispiel Milchreis mit Zimt und Zucker, soweit normal. Doch dann gab es dazu noch Rosinen und Wildsalami. Gewöhnungsbedürftig kann ich da nur sagen. Ein weiterer Punkt ist, dass die Schüler verrückt nach Zimtschnecken sind. Wir haben sie in der Kantine ganz frisch gemacht und direkt waren alle wieder verkauft, sodass wir ein neues Blech machen mussten. Ich weiß nicht, wie die ganzen Schüler das machen, von dem ganzen Essen nicht dick zu werden – wahrscheinlich Sport.

Doch der größte Unterschied zu uns Deutschen ist die Gelassenheit. In Norwegen gibt es keinen Stress, man erscheint pünktlich – meistens jedenfalls – zu einem Termin und wenn man es mal nicht rechtzeitig schafft, dann ist es halt so. Dann wird auf denjenigen gewartet. Auch in der Schule ist alles entspannt, der Lehrer erklärt nochmals und noch einmal. Und die Schüler bekommen viel Zeit, um ihre Aufgaben zu bearbeiten. Das wäre in den deutschen Schulen mal angebracht. Man bekommt seinen Stoff durch, aber nicht mit so einem starken Druck. Dementsprechend angenehm ist die Atmosphäre in der Schule auch. Doch für mich ist das manchmal sehr nervenaufreibend, wenn man etwas fertigbekommen möchte und die Norweger sich alle Zeit der Welt nehmen.

Ein wenig nervt auch ihre ständige Medienpräsenz. Jede Veranstaltung wird auf Facebook gestellt, generell ist fast alles irgendwo auf Facebook und man muss es benutzen, ob man will oder nicht. Und dann sind sie ständig am Handy, chatten, telefonieren. Es ist nicht unnormal, um 9 Uhr einen Anruf zu bekommen, also genau dann, wenn man arbeitet. Die Schüler dürfen die Handys auch im Unterricht benutzen, immer! Da bin ich dann froh um die Handyregelung in den deutschen Schulen.

Ich bin mal auf die weiteren Tage und Wochen hier gespannt. Bis jetzt hatte ich ja einen eher soften Start, mit insgesamt 27 Wochenstunden. Und in vielen meiner Aufgaben war ich noch nicht wirklich, man hat mir nur ein paar Sachen gezeigt. So werde ich in der Kantine in spätestens vier Wochen alleine sein, das Fahren muss ich nächste Woche alleine hinbekommen und auch die Open Skule darf ich irgendwann alleine machen. Es wird sich also noch Einiges ändern.

Danke, Kerstin, für die Inspiration!


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