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Etappe 101: Von Ferghana nach Niyazbotir

Veröffentlicht: 25.05.2022

An den lustigen Tag in Ferghana schloss sich eine tolle Erfahrung an. Ich hatte mich mit Mohammed in Niyazbotir, einem Dorf zwischen Ferghana und Andijan verabredet. Auf den 45 km bis dahin ging die Fahrt zumindest teilweise über eine entspannte Nebenstraße. Als Gastgeschenk wollte ich ein paar Erdbeeren am Straßenrand kaufen. Als ich etwas planlos am Stand stand, stand einer auf und sprach mich auf Englisch auf mein Fahrrad an. Es war der Sohn des Standbesitzers, der mittlerweile in Dubai arbeitete und auf Heimstbesuch in Usbekistan war. Er bestand darauf, mir eine riesige Schüssel Erdbeeren zu schenken, und ließ sich auch nichts Anderes einreden. Etwas gerührt von dieser Geste (Erdbeeren sind nicht günstig in Usbekistan!) fuhr ich weiter bis nach Niyazbotir. Dort wartete schon Mohammed mit seinem Fahrrad auf mich. Die letzten zwei Kilometer in sein Dorf fuhren wir also gemeinsam. Er erklärte mir, dass er genau wie sein Bruder Englischlehrer an der Dorfschule sei, während seine Frau Russisch unterrichte. Zuhause angekommen lernte ich auch Mohammeds Mutter, Frau, Bruder und Sohn kennen. Ich wurde direkt an einen reich gedeckten Tisch gesetzt und musste erstmal viel essen (kein Problem!). Vor allem Mohammeds Bruder stellte viele Fragen und sprach gutes Englisch. Nach dem Essen wurde ich noch gefragt, ob ich mit ihnen zum Krankenhaus nach Pakhtakor fahren möchte, es könnte sein dass Mohammeds Schwägerin heute ihr Kind bekomme. Ähm, wie kann man da nein sagen? Ich befürchtete schon, dass sie mich mit in den Kreißsaal nehmen, im Endeffekt gab es aber Entwarnung und wir setzten nur Mohammeds Frau im Krankenhaus ab. Die Fahrt in der Marshrutka von Mohammeds Bruder war trotzdem abenteuerlich. Sie fragten mich noch, ob ich mit ihnen am nächsten Morgen in die Schule gehen möchte. Na klar, so eine Gelegenheit bietet sich ja nicht jeden Tag! Am späten Abend wurde ich noch zum Dorf-Bolzplatz gebracht, musste einige Fotos machen und bekam unter anderem ein T-Shirt von der ökologischen Partei Usbekistans geschenkt. 

Am nächsten Morgen frühstückte ich mit Mohammed, bevor es schon in die Schule ging. Alles war in heller Aufruhr, als die Schüler ihren Englischlehrer in Begleitung eines Europäers sahen. Die Lehrerkollegen waren auch nicht viel besser. Ein paar Fotos und Fragen (Are you married?) später ging ich mit Mohammed und seinem Bruder ins erste Klassenzimmer. Insgesamt waren wir in fünf Klassen und es war jedes Mal dasselbe Spiel. Nach dem obligatorischen "Good morning, teacher!" durften die Kinder Fragen auf Usbekisch stellen, die mir Mohammed und sein Bruder übersetzten. Zunächst schüchtern, sprudelten die Fragen später nur so heraus. Fotos mussten natürlich auch gemacht werden. Einige haben vielleicht zum ersten Mal einen Europäer gesehen, da das Dorf sehr abgelegen ist. Die Schulpausen wurden dazu genutzt, mein Fahrrad zu begutachten und mit Klingel und Helm zu spielen. Beides gilt in Usbekistan als überbewertet. Mittags gab es noch einen kleinen Snack, bevor ich mich wieder auf den Weg machte. Ich wollte schließlich heute noch bis nach Kirgistan kommen. Mohammed und seine Familie hätten mich glaube ich gerne noch ein paar Tage länger dabehalten, aber sie mussten selbst los, um Mohammeds Mutter nach Andijan zu fahren. Sie haben ihr eine Pilgerreise nach Mekka geschenkt, vor Abflug müssen alle an einem dreitägigen Kurs teilnehmen, um die Verhaltensregeln in Saudi-Arabien zu lernen. Überwältigt von so viel Gastfreundschaft und Eindrücken schwang ich mich wieder aufs Rad.

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